Bank. Große Aktionäre der Bank-Austria-Mutter UniCredit sind mit der Entwicklung des Geldhauses äußerst unzufrieden. Sie wollen Konzernchef Federico Ghizzoni abgelöst sehen.
Rom. UniCredit-Chef Federico Ghizzoni gerät immer stärker unter Druck. Der Börsenkurs des italienischen Geldhauses hat seit Jahresbeginn 44 Prozent an Wert verloren. Die Aktionäre sind von dieser Entwicklung nicht gerade begeistert. Vor allem unter Großinvestoren hat sich Unmut breitgemacht. Sie drängen auf eine Ablöse des Vorstandsvorsitzenden.
Bei einem Treffen am Montag mit Verwaltungsratschef Giuseppe Vita hätten die Anleger, die 15 Prozent des UniCredit-Kapitals stellen, ihre Unzufriedenheit deutlich gemacht, wie es heißt. Um welche Aktionäre es sich dabei genau handelt, ist nicht bekannt. Die größten Anteile halten unter anderem die Vermögensverwaltung Blackrock, die Zentralbank von Libyen sowie Aabar Investments, eine Investmentgesellschaft aus Abu Dhabi.
Die Aktionäre würden zwar anerkennen, dass Ghizzoni in einem schwierigen Marktumfeld gute Arbeit geleistet habe. Aber jetzt seien sie davon überzeugt, dass ein Wechsel angesagt ist, wie ein Insider sagt. Hinter den Kulissen schwelt die Kritik der Investoren seit Monaten. Ghizzoni ist es nie gelungen, ihnen die Angst vor einer Kapitalerhöhung restlos zu nehmen. Wasser auf ihre Mühlen war eine schrumpfende Kernkapitalquote im ersten Quartal.
„In diesen Zeiten gibt es weltweit wenige Aktionäre, die mit der Lage der Aktien an der Börse zufrieden ist. Ich habe vollen Respekt für die Aktionäre, die ihr Geld in die Bank stecken. Daher akzeptiere ich jede Kritik und jedes Lob“, sagte Ghizzoni noch im Februar.
Über einen Nachfolger sind sich die Investoren allerdings nicht einig geworden. Nun habe Verwaltungsratschef Vita den Auftrag bekommen, entsprechende Wege auszuloten. Eine Entscheidung ist bis zum Sommer zu erwarten. Als mögliche Kandidaten werden UBS-Chef Sergio Ermotti und der Investmentbank-Chef der Schweizer Bank, Andrea Orcel, genannt. Auch Mediobanca-Chef Alberto Nagel und der Italien-Chef von Merrill Lynch, Marco Morelli, gelten als aussichtsreiche Kandidaten.
Gewinnrückgang im Quartal
Erst im November des Vorjahres hat der Vorstand dargelegt, wie die Bank künftig aufgestellt werden soll. Bis zum Jahr 2018 sollen die Kosten der UniCredit um 1,6 Mrd. Euro gesenkt werden, 1,2 Mrd. Euro fließen dafür in die Digitalisierung des Geldhauses. Auch den Nettogewinn will man verbessern. Dieser soll sich bis dahin auf 5,3 Milliarden Euro belaufen. Im Jahr 2015 war der Überschuss auf 1,7 Mrd. Euro gesunken. Verantwortlich für den Gewinnrückgang waren unter anderem Kosten für den Konzernumbau, Abschreibungen auf Beteiligungen sowie höhere Kosten für regulatorische Auflagen.
Doch um die Ziele zu erreichen, müssen die Italiener auch bei der Belegschaft ansetzen. Die Zahl der Beschäftigten wird konzernweit um ein Siebtel auf 111.000 Arbeitsplätze schrumpfen. Von dem Umbau ist auch die Bank Austria betroffen. Geschlossen werden 70 von 170 Filialen. Zudem wackeln, einem Protokoll der italienischen Gewerkschaft zufolge, rund 2000 Vollzeitstellen („Die Presse“ berichtete).
Erst in der Vorwoche hatte die UniCredit ihre Zahlen für das erste Quartal vorgelegt. Dieses schloss die Bank mit einem Gewinnrückgang ab. Der Überschuss sank gegenüber dem Vergleichsquartal des Vorjahres um 20,8 Prozent auf 406 Millionen Euro. Das Ergebnis lag damit jedoch über den Erwartungen der Analysten. In den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres wurden bereits 92 Filialen aufgegeben. Auf Jahresbasis waren es 519. „UniCredit ist eine solide Bank und die Umsetzung des Entwicklungsplans schreitet voran“, sagte der Vorstandsvorsitzende dazu. (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2016)