Als die "heilige Stadt der Basken" in Schutt und Asche versank

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Vor 80 Jahren, inmitten des Spanischen Bürgerkrieges, zerstörten deutsche und italienische Kampfflieger die Stadt Guernica. Aus dem Angriff entstand ein nationales Trauma – und Pablo Picassos umstrittenstes Gemälde.

Menschen und Tiere, die einen qualvollen Tod sterben. Festgehalten auf einem gigantischen Wandgemälde von 7,76 Meter Länge und 3,49 Meter Höhe – in schwarz, weiß, grau. Die Beschreibung trifft auf „Guernica“ zu, ein Bild, gemalt von Pablo Picasso im Mai 1937. Es sollte bald zu seinen berühmtesten Werken gezählt werden - vor allem aber gilt es bis heute als sein umstrittenstes. Denn der Hintergrund des auf der Leinwand festgehaltenen Blutbades ist nicht nur ein realer, sondern auch einer von besondere Brutalität: Einen Monat zuvor, am 26. April, hatten deutsche und italienische Kampfflieger die spanische Stadt Guernica in einem dreistündigen Luftangriff in Schutt und Asche gelegt.

„Eine gewaltige Flotte von Aeroplanen warf ohne Unterbrechung Bomben von 500 Kilogramm Gewicht und mindestens 3000 Stück Einkilogramm-Aluminiumbrandbomben über diese offene, weit hinter der Kampflinie liegende Stadt ab. (…) Ganz Gernika steht von einem bis zum anderen Ende in Flammen und bietet ein schauerliches Bild“, schrieb die „Neue Freie Presse“ damals. Dabei sei „die heilige Stadt der Basken kein militärisches Objekt“ gewesen. Denn eine etwas außerhalb liegende Rüstungsfabrik sei von dem Angriff verschont geblieben. Der Schluss liege daher nahe, dass „der Zweck des Bombardements lediglich die Demoralisierung der Zivilbevölkerung“ gewesen sei.

"Bombardement mit kaltblütiger Systematik"

„Als die ersten Flieger gemeldet wurden, übernahm ein katholischer Priester das Kommando und veranlaßte die Menge, Unterschlupf zu suchen oder aus der Stadt zu flüchten“, heißt es in der „Neuen Freien Presse“ weiter. Hunderten von ihnen sollte die Flucht aber nicht gelingen. „Das Bombardement wurde von den Fliegern mit kaltblütiger Systematik durchgeführt.“ Drei Stunden lang sollten Bomber und Jagdflugzeuge - 23 Junkers Ju 52, vier Heinkel III, zehn Heinkel He 51, drei Savoia-Marchetti S81 Pipistrelli, eine Dornier Do 17 und zwölf Fiat CR 32 - über die Stadt hinwegfliegen und insgesamt rund 31 Tonnen Munition niederregnen lassen. Die Folge: 80 Prozent der Gebäude wurden zerstört - einerseits von den Erschütterungen und Explosionen, andererseits von der immensen Feuerbrunst.

Die damalige baskische Regierung meldete tags darauf 1654 Tote und 889 Verletzte. Zahlen, die von späteren Forschern angezweifelt wurden und bis heute strittig sind. Unbestritten ist hingegen, dass Guernica zu den ersten Städten zählte, die je durch einen Bombenangriff zerstört wurden - ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. Der internationale Protest an der Aktion war enorm - noch dazu, da Deutschland gar nicht offiziell am Spanischen Bürgerkrieg an der Seite des erst 34-jährigen Generalmajors Francisco Franco beteiligt war. Zwar hatte der antiliberal gesinnte Franco an Deutschland und Italien Bittbriefe geschickt und diese daraufhin Soldaten entsandt, doch geschah das unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit. So hatte Adolf Hitler die nur aus „Freiwilligen“ bestehende Einheit Legion Condor gründen lassen - die in Spanien zwar in Uniformen ohne deutsche Hoheitszeichen kämpfte, de facto aber weiterhin ihren deutschen Sold dafür einstrich. 

Die Aufständischen um Franco bemühten sich daher rasch, den Schein zu wahren: Die abziehenden republikanischen Truppen hätten die Stadt zerstört, gaben sie aus. In der Zwischenzeit wurde versucht, verdächtige Munitionsreste einzusammeln und zu vernichten. Doch das Leugnen half nichts. So gab die deutsche Wehrmacht schließlich als Grund für den Angriff an der Seite der italienischen Corpo Truppe Volontario an, dass eine Steinbrücke über den Fluss Oca zerstört hätte werden sollen, um den abrückenden republikanischen Truppen den Weg nach Bilbao abzuschneiden. Das Problem an dieser Version: Die besagte Brücke war noch intakt.

Erst viel später, im Zuge der Nürnberger Prozesse, sollte der damalige Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Hermann Göring, aussagen, dass Guernica (neben anderen spanischen Städten) den Deutschen schlichtweg als Testfeld gedient hatte: Es habe sich „die Gelegenheit [geboten, Anm.], im scharfen Schuss zu erproben, ob das Material zweckentsprechend entwickelt wurde“, gab er zu Protokoll. 

Spanischer Bürgerkrieg

Konservativ-faschistische Offiziere beginnen am 17. Juli 1936 in Spanisch-Marokko zu rebellieren. An ihrer Spitze steht der erst 34-jährige Generalmajor Francisco Franco - eine Rebellion, aus der sich ein vier Jahre dauernder Bürgerkrieg entspannen sollte. Bis zu 800.000 Menschen kamen dabei ums Leben.

Da zahlreiche Mächte im Spanischen Bürgerkrieg mitmischten, sprechen Historiker oftmals von einer Generalprobe des Zweiten Weltkriegs.

(hell)

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