Burgi Decker

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Humanitäres Engagement: Burgi Decker aus Villach unterstützt Zuwanderer bei der Integration in die österreichische Gesellschaft.

Für Burgi Decker aus Villach beginnt alles vor 17 Jahren mit den Vorbereitungen für ihre Diplomarbeit im Rahmen ihres Studiums der Erziehungswissenschaften und Medienkommunikation – mit Schwerpunkt auf Sexismus und Rassismus. Ihre Vorgabe ist es, „rassistische Tendenzen“ in Qualitätsmedien zu erkennen und zu analysieren.

„Dafür waren natürlich Einblicke in den Alltag von Menschen mit Migrationshintergrund notwendig“, blickt die 49-Jährige zurück. Also beginnt sie 1995 mit einem Praktikum in einer Ausländerberatungsstelle in Villach. In dieser Zeit betreut sie ausschließlich Asylwerber in Flüchtlingsunterkünften sowie Schubhäftlinge und wird „mit unglaublichen Lebensgeschichten konfrontiert“, wie sie sagt.

Schnell wird ihr bewusst, dass es zu wenig ist, sich nur theoretisch mit dem Schicksal dieser Menschen zu befassen und „veröffentlichte Ungeheuerlichkeiten von Massenmedien zu analysieren. Ich habe verstanden, dass wir alle Mitverantwortung für die Lebenssituation von Zuwanderern tragen.“

Tief berührt von den Schicksalen der Asylwerber bricht Decker ihr Studium ab und beschließt, sich hauptberuflich in diesem Bereich zu engagieren. So landet sie 1997 bei der „Projektgruppe Integration von Ausländerinnen und Ausländern“ (Piva) und wird nur ein Jahr später Mitglied des Vorstands. Bis heute ist sie in dem Verein tätig.

Berührungsängste und Vorurteile abbauen

„Unser Team versucht, Migranten mit Rücksicht auf ihre individuellen Bedürfnisse bei der sozialen und kulturellen Integration in die österreichische Gesellschaft zu unterstützen sowie Berührungsängste und mögliche Vorurteile abzubauen“, erklärt die Mutter von vier erwachsenen Kindern. „Mit unserem persönlichen Einsatz konnten wir schon das Vertrauen von vielen zugewanderten Menschen gewinnen und in der Öffentlichkeit auf ihre Probleme und Sorgen aufmerksam machen. Dabei entstanden aus einigen Begegnungen gute Freundschaften, die bis heute Bestand haben.“ Es mache einfach Freude zu sehen, wie junge Männer und Frauen, „die sich vor 15 Jahren noch verzweifelt bei Deutschkursen anmeldeten und Hilfe bei den einfachsten Dingen benötigten, mit der Zeit Anschluss finden, Familien gründen und einen erfolgreichen Weg einschlagen – und mittlerweile sogar selbst als Experten Zuwanderern beim Einstieg helfen.“

Instrumentalisierung und Kriminalisierung


Der Verein Piva ist im Übrigen seit 2007 vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur als Erwachsenenbildungsanstalt anerkannt und vom Österreichischen Integrationsfonds als Kursträger für Deutsch-Integrationskurse zertifiziert.
„Für mich ist es faszinierend, meine eigene Perspektive durch den Blick auf unterschiedliche Lebensstrategien zu erweitern und die Absurdität verschiedener gesellschaftlicher Zwänge zu erkennen“, beschreibt Decker ihre Leidenschaft für ihre Arbeit. „Die interessantesten Gespräche und Begegnungen beinhalten oft gemeinsames Staunen über Absonderlichkeiten oder die freudige Überraschung über Ähnlichkeiten von Menschen, die bisher auf unterschiedlichen Kontinenten gelebt haben.“ Lösungen für alltägliche Probleme und schwierige Situationen zu entwickeln, sei für sie nach wie vor die größte Motivation, sich im Bereich der Migration und Integration zu engagieren.

Das Leben und die Arbeit manchmal schwer mache Decker die politische Situation in Österreich – speziell in Kärnten. „Dies betrifft sowohl die politische Instrumentalisierung und Kriminalisierung von Zuwanderern – beispielsweise die alltägliche Diskriminierung bei der Arbeits- und Wohnungssuche –, als auch die Gesetzeslage in Bund und Land“, sagt die Villacherin. „Dagegen aufzutreten kostet viel Energie und Durchhaltevermögen. Daher ist es umso wichtiger, in Kärnten mehr Menschen mit Migrationserfahrung dafür zu gewinnen, sich politisch zu betätigen und Verantwortung zu übernehmen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2012)


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