Ukraine-Konflikt

US-Regierung: Einmarsch in Ukraine bedeutet Aus für Nord Stream 2

FILE PHOTO: The logo of the Nord Stream 2 gas pipeline project is seen on a pipe at the Chelyabinsk pipe rolling plant in Chelyabinsk, Russia
FILE PHOTO: The logo of the Nord Stream 2 gas pipeline project is seen on a pipe at the Chelyabinsk pipe rolling plant in Chelyabinsk, RussiaREUTERS
  • Drucken

Kommende Woche tritt im Ukraine-Konflikt der UN-Sicherheitsrat zusammen. In einem Telefonat mit Macron warf Putin dem Westen erneut vor, die "Sicherheitsbedenken" seines Landes zu ignorieren.

Die US-Regierung hat ihre Forderung nach einem Aus für die Erdgaspipeline Nord Stream 2 im Falle eines russischen Einmarschs in die Ukraine bekräftigt. "Sollte Russland in die Ukraine einmarschieren (...), wird Nord Stream 2 nicht weitergeführt", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, am Donnerstag im Gespräch mit dem Sender CNN. In diesem Fall werde man mit Deutschland zusammenarbeiten, um einen Stopp der Pipeline sicherzustellen. "Sie haben Erklärungen unserer deutschen Verbündeten gehört (...), in denen sie auf die starken Maßnahmen hingewiesen haben, die die deutsche Regierung bereit und willens ist, zu ergreifen", versicherte Price.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat für den Fall einer russischen Invasion der Ukraine betont, dass ein Ausschluss Russlands vom Zahlungsverkehrssystem Swift sowie ein Ende der Gaspipeline Nord Stream 2 möglich seien. "Nichts ist vom Tisch", sagte sie am Donnerstagabend auf Fragen zu entsprechenden Sanktionen in einem CNN-Interview. Zudem betonte sie, dass man versuche, eine Lösung am Verhandlungstisch zu finden, sich jedoch auch auf das Schlimmste vorbereite.

Die deutsche Bundesregierung hat für den Fall eines russischen Angriffs alle Optionen auf den Tisch gelegt und dabei auch deutlich gemacht, dass der Stopp von Nord Stream 2 eine Option sein kann. In den vergangenen Jahren hatte die deutsch-russische Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 zwischen Deutschland und den USA für Spannungen gesorgt.

Auch US-Präsident Joe Biden lehnt die Pipeline ab. Um den Streit mit Washington zu entschärfen, hatte Deutschland im Juli in einer gemeinsamen Erklärung mit den USA eine stärkere Unterstützung der Ukraine zugesagt.

Telefonat zwischen Macron und Putin

Russlands Staatschef Wladimir Putin warf dem Westen in einem Telefonat mit seinem französischen Kollegen Emmanuel Macron erneut vor, die "Sicherheitsbedenken" seines Landes zu ignorieren. Das teilte der Kreml am Freitag nach dem Telefonat mit. Der russische Staatschef sagte demnach auch, dass Russland nun die schriftlichen Antworten der USA und der Nato auf seine Vorschläge analysiere und dann weitere Schritte festlege.

Putin wies nach Kremlangaben aber auch darauf hin, dass die Hauptsorgen Russlands nicht berücksichtigt worden seien in den Antworten. Darunter seien das geforderte Ende der Ausdehnung der Nato, der Verzicht auf Angriffswaffen in der Nähe der russischen Grenzen und auch der Rückzug des militärischen Potenzials sowie der Infrastruktur des Blocks auf die Positionen von 1997. Damals war die Russland-Nato-Grundakte unterzeichnet worden.

Ignoriert worden sei von den USA und ihren Verbündeten auch die Schlüsselfrage der "Unteilbarkeit" der Sicherheit. Das sei etwa in den Grundsätzen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und anderen Dokumenten festgeschrieben, hieß es.

Auf Antrag der USA wird sich erstmals auch der UN-Sicherheitsrat mit der aktuellen Krise befassen. Die Vereinigten Staaten beantragten am Donnerstag ein Treffen des mächtigsten UN-Gremiums für Montag, wie die US-Mission mittelte. Die Beratungen in New York sollen öffentlich abgehalten werden, vermutlich um 16.00 Uhr MEZ. "Während wir unser unermüdliches Streben nach Diplomatie fortsetzen, um die Spannungen angesichts dieser ernsthaften Bedrohung des europäischen und globalen Friedens und der Sicherheit zu deeskalieren, ist der UN-Sicherheitsrat ein entscheidender Ort für die Diplomatie", teilte die US-Vertretung mit.

Finanzhilfen für Kiew

US-Präsident Joe Biden sagte am Donnerstag seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj erneut die Unterstützung Washingtons zu. Die Vereinigten Staaten seien der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine verpflichtet, sagte Biden nach einer Mitteilung des Weißen Hauses. Die US-Regierung prüfe wegen des russischen Drucks auch zusätzliche Finanzhilfen für Kiew, sagte Biden demnach am Donnerstag in einem Gespräch mit Selenskyj. Biden habe betont, die USA und ihre Verbündeten seien bereit, entschlossen zu antworten, falls Russland die Ukraine angreifen sollte, hieß es. Zugleich betonte der US-Präsident auch seine Unterstützung für die Gespräche im Normandie-Format.

Zuletzt hatten sich westliche Staaten immer wieder besorgt gezeigt, ein Einmarsch russischer Truppen in das Nachbarland könne geplant sein. Russland dementierte dies. Der Ukraine-Konflikt dauert bereits seit 2014 an. Ein mit Hilfe von Deutschland und Frankreich verhandelter Friedensplan für das Krisengebiet Donbass liegt auf Eis.

Erst am Mittwoch hatte es in Paris ein Treffen im sogenannten Normandie-Format gegeben, dem neben der Ukraine und Russland auch Vermittler aus Frankreich und Deutschland angehören. Substanzielle Fortschritte blieben dabei nach deutscher Darstellung aber aus. Hoffnungen werden aber auf eine Fortsetzung der Gespräche gesetzt.

"Für unseren Staat hat heute das Erreichen einer stabilen und bedingungslosen Waffenruhe im Donbass oberste Priorität", sagte der ukrainische Präsident Selenskyj am Donnerstag. Russland setzt bereits Hoffnungen auf das nächste Treffen im Normandie-Format in zwei Wochen in Berlin, wie Außenministeriumssprecher Saizew sagte: "Wir gehen davon aus, dass wir (...) Lösungen für die Probleme finden werden, die sich in sieben Jahren angesammelt haben, und dass das Problem des Status der Donbass-Region nun endlich gelöst wird."

Blinken verweist auf „Kernprinzipien"

Die NATO und die USA hatten am Mittwoch jeweils schriftlich auf Forderungen Moskaus nach Garantien für die Sicherheit in Europa geantwortet. Bei der russischen Forderung nach Zusagen für ein Ende der NATO-Osterweiterung zeigten weder die NATO noch die USA Verhandlungsbereitschaft. US-Außenminister Blinken hatte dabei auf "Kernprinzipien" verwiesen, etwa die freie Bündniswahl von Staaten sowie Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine.

Der Kreml ließ den Westen zunächst im Unklaren darüber, wie Russland im Ringen um Sicherheitsgarantien auf die Antwort der USA und der NATO reagiert. "Wir werden keine voreiligen Schlüsse ziehen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag. Präsident Wladimir Putin habe das US-Schreiben bereits gelesen. Es brauche aber "einige Zeit", um die Papiere zu analysieren.

Außenminister Sergej Lawrow sprach von keiner "positiven Reaktion auf das Hauptthema" des russischen Dokuments. Gleichwohl zeigte sich Lawrow mit Blick auf die US-Antwort verhandlungsbereit: "Es gibt darin eine Reaktion, die es uns ermöglicht, mit dem Beginn eines ernsthaften Gesprächs zu rechnen, aber über zweitrangige Fragen."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Analyse

Putin lässt die Ukraine und den Westen zappeln

Moskau reagiert kühl auf die schriftliche Abfuhr der Nato und der USA. Das Dialogfenster bleibt anscheinend noch zwei Wochen offen.
BELARUS - JANUARY 24, 2022: Servicemen are seen after unloading military equipment and hardware of artillery detachments
Kriegsgefahr im Osten

Kreml: US-Antwort zu wichtigstem Punkt in Megakrise "negativ"

Nach dem Einlangen von Antwortschreiben der USA und der Nato auf Russlands Forderungen nach Sicherheitsgarantien ist Moskau nicht sehr zufrieden. Man will aber weiter verhandeln und setzt sogar Gesten der Beschwichtigung. Der Truppenaufmarsch hält indes angeblich an.
Ukraine-Konflikt

Wie Europa und die USA Putin weh tun wollen

Geld, Gas und weniger gute Freunde. Über die mögliche Wirkung und unerwünschte Nebenwirkungen der westlichen Sanktionspläne gegen Moskau.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.