Franchise: Selbstständig mit Sicherheitsnetz

Es ist verlockend, mithilfe einer „geborgten“ Marke als Unternehmer groß rauszukommen. Eines dürfen Franchisenehmer aber nicht übersehen: Sie sind nicht bloß „bessere Angestellte“, sondern tragen das volle Risiko.

Franchisesysteme haben in Österreich Tradition. 1937 beauftragte das Modehaus Palmers seinen ersten Franchisenehmer. So richtig in Mode kam Franchising aber erst in den 2000er-Jahren: Im Vorjahr erzielten 7150 Franchisenehmer mit 66.000 Beschäftigten in 445 verschiedenen Franchisesystemen an 8720 Standorten in Österreich einen Umsatz von 8,5 Milliarden Euro.
Warum Franchise gerade jetzt großen Zuspruch erlebt, hängt mit dem Wunsch zusammen, auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten als Selbstständiger aktiv zu sein. Die Österreicher seien eher risikoavers, sagt Susanne Seifert, Generalsekretärin des Franchiseverbandes. Sie veranstaltet in Salzburg den Franchise-Tag, bei dem Franchisegeber und -nehmer zusammentreffen. Scheitern, sagt Seifert, werde als Katastrophe erlebt. Im Gegensatz etwa zu den USA, wo ein Konkurs – überspitzt formuliert – zum guten Ton gehöre.

Permanente Hilfestellung

Franchisesysteme ermöglichten eine Unternehmerkarriere auf Basis eines in der Praxis bewährten Konzepts, sagt Elisabeth Zehetner, Geschäftsführerin des Gründerservice der Wirtschaftskammer. Aus ihrer Warte erlauben Franchisesysteme den Schritt in die „Selbstständigkeit mit einem gewissen Sicherheitsnetz“: Weil Franchisegeber Schulungen und darüber hinaus permanente Hilfestellung anbieten.
Eines dürfen Franchisenehmer aber nicht übersehen: Sie sind Unternehmer und nicht bloß „bessere Angestellte“. Daher gilt die Grundsatzfrage: Will ich Risiko eingehen und tragen?
Wer ein System mitaufbauen und mitgestalten will, wird sich eher bei einer jungen Marke wohlfühlen. Wer Geld verdienen will und wem ein bekannter Markenname wichtig ist, wird tendenziell bei einem etablierten System landen. Das bringt nicht nur Vorteile: Es bedeutet höhere Investitionen und meist strengere Vorgaben.
Es empfiehlt sich daher, andere Franchisenehmer der bevorzugten Marke zu kontaktieren, um ihre Erfahrungen zu erfragen. Seriöse Franchisegeber, sagt Zehetner, würden eine Liste mit Ansprechpartnern zur Verfügung stellen.

Rechte und Pflichten ausloten

Letztlich aber muss die Chemie stimmen und das Franchisesystem zur Persönlichkeit passen. Und wenn es um den meist für fünf Jahre laufenden Vertrag geht, rät Seifert, einen Anwalt zu konsultieren. Denn die Inhalte seien in den seltensten Fällen verhandelbar.
Schließlich sind mit Franchisingverträgen auch Kosten verbunden: Im Schnitt sind das 14.000 Euro für den Know-how-Transfer und Einschulungen und weitere 145.000 Euro an Investitionen in Infrastruktur. Diese Kosten sind von der Branche abhängig und in der Gastronomie – wegen der behördlichen Auflagen – deutlich höher als der Durchschnitt. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die entsprechende Eigenkapitalquote: Gut die Hälfte der Franchisenehmer bringt ein Drittel der erforderlichen Mittel mit.
Neben den Kosten zu Beginn der Franchisekarriere fallen laufende Beträge an, die dem Franchisegeber zu überweisen sind: In der Regel ist ein Prozentanteil des Umsatzes abzuführen. Ein Drittel der Franchisenehmer zahlt vier bis fünf Prozent des Umsatzes, ein weiteres Drittel immerhin sechs bis zehn Prozent des Umsatzes an den Franchisegeber.
Besonders beliebt sind Franchisesysteme im Handel und im Dienstleistungsbereich mit jeweils rund 40 Prozent. Elf Prozent der Systeme betreiben Gastronomie, nur ein verschwindender Teil produziert Güter. Ein ganz neuer Zweig ist „Social Franchise“. Das Grazer Unternehmen „atempo“ hat dieses System entwickelt und bietet Übersetzungen, Beratung und Evaluierungen in Sachen Barrierefreiheit für und durch Menschen mit Behinderung an. Ihre Franchisenehmer sind oft Konsortien oder Vereine, die ihrerseits Menschen mit Behinderung beschäftigen. Einer der Franchisenehmer etwa übersetzte im Wahlkampf die Programme einzelner Parteien für Menschen mit Leseschwäche in allgemein verständliche Sprache.

Franchisenehmer gesucht

Beliebt ist Franchising bei Uni-Absolventen, die in die Selbstständigkeit drängen, sich aber nicht mit Produkt- oder Dienstleistungsentwicklung befassen können oder wollen. Aber auch bei Ex-Unternehmern: 40 Prozent der Franchisenehmer waren schon selbstständig, 63 Prozent verfügen über branchenspezifische Erfahrung. Im Schnitt sind österreichische Franchisenehmer 45 Jahre alt, gut ein Drittel ist weiblich.
Die Chancen auf einen Franchisevertrag stehen derzeit übrigens gut: 59 Systeme sind auf der Suche nach Franchisenehmern.

www.franchise.at
www..franchise-tag.at
www.franchiseboerse.at

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