Waldheim-Affäre: Das Amt und die Pflicht

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Anfang 1986 wurde ich mehrfach nach dem Vorleben Kurt Waldheims während des Naziregimes gefragt. Zwischen Schuld und Unschuld: ein Rückblick, erstmals erschienen in der „Presse“ Ende Dezember 1999.

Zu Beginn des Jahres 1986 besuchten mich zwei der SPÖ angehörende Mitglieder der österreichischen Widerstandsbewegung, um mich nach dem Vorleben des Präsidentschaftskandidaten der ÖVP, Kurt Waldheim, während des Naziregimes zu fragen. Ich wußte darüber nichts Belastendes und sagte ihnen das auch. Eine zweite Anfrage zu seiner Person erreichte mich von einem Historiker, der angeblich für eine ORF-Sendung das Thema „Kosakendivision und SS“ recherchierte. Waldheim solle ein Angehöriger dieser im Februar 1945 zusammengestellten Einheit gewesen sein. Da ich schon viele Jahre zuvor – auf Initiative jüdischer Freunde in Israel – eine Auskunft beim Berlin Document Center über Waldheim hatte einholen lassen (Axel Springer, mit dem ich befreundet war, hat das damals für mich erledigt), konnte ich diese Unterlagen in meinem Büro einsehen. Aus diesen ging hervor, daß Waldheim weder Parteimitglied noch Mitglied irgendeiner Nazi-Organisation gewesen war. Laut Auskunft der Wehrmachtsauskunftsstelle war er als Leutnant der Heeresgruppe E auf dem Balkan eingesetzt gewesen.

Zur gleichen Zeit befand sich der Rechtsberater des World Jewish Congress (WJC) in Wien; es wunderte mich, daß er sich nicht mit mir in Verbindung gesetzt hatte – waren doch meine Kontakte zum WJC und dessen Präsidenten seit vielen Jahren freundschaftlich gewesen, und diese hatten sich bei der Verfolgung von Nazi-Verbrechern stets engagiert gezeigt. Im Jahr 1985 fand noch ein Kongreß des WJC in Wien statt, der aber wegen der damals akuten Affäre Reder–Frischenschlager fast mit der vorzeitigen Abreise der Teilnehmer geendet hätte. Damals scheinen bereits Kontakte zwischen SPÖ und einzelnen Mitgliedern des WJC geknüpft worden zu sein, die die Person Waldheim ins Visier genommen hatten. Der Grund dafür dürften Entscheidungen des ehemaligen UNO-Generalsekretärs Waldheim gewesen sein, die dem WJC zu araber- beziehungsweise palästinenserfreundlich erschienen waren.

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