Freiwilligenarbeit: Pensionisten zur Feuerwehr, Sanitäter ins TV

(c) Clemens Fabry
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3,3 Millionen Österreicher engagieren sich ehrenamtlich. Damit das so bleibt, fordern die betroffenen Institutionen steuerlich absetzbare Zeitspenden und finanzielle Zuschüsse für Aus- und Weiterbildungen von Freiwilligen.

Wien. Mehr als 15 Millionen Stunden werden in Österreich wöchentlich in ehrenamtliche Tätigkeit investiert. Rund 3,3 Millionen Menschen sind engagiert. Die Zahlen zeigen: Das ehrenamtliche Engagement ist ein Kernstück der österreichischen Gesellschaft.

Doch so gut die Freiwilligenarbeit bei Feuerwehr, Rettung oder diversen Sozialvereinen auch funktioniert, Verbesserungspotenzial gibt es auch dort. „Die Presse“ hat sich umgehört, welche Ideen es bei den einzelnen Organisationen gibt, um das Ehrenamt (noch) attraktiver zu machen.

► Pensionisten in den Feuerwehrdienst. Die Feuerwehr ist ein Spezialfall. Dort beruhen nämlich 98 Prozent der Arbeit auf Freiwilligkeit. Dazu braucht es viele Helfer. Doch genau an diesem Punkt hakt es: Denn Feuerwehrleute scheiden im Alter von 65 Jahren automatisch aus der aktiven Tätigkeit aus. Und das, obwohl viele Pensionisten gern länger freiwillig tätig wären. Nun überlegt der Bundesfeuerwehrverband, wie dessen Präsident, Albert Kern, der „Presse“ bestätigt, die Altersgrenze auf 70 Jahre auszudehnen. Die Tätigkeiten müssten dann zwar auf die älteren Mitglieder abgestimmt werden, insgesamt hätte die Feuerwehr aber mehr und zugleich erfahrenes Personal.

► Bonussystem für Arbeitgeber. Feuerwehrleute sind vom Arbeitgeber abhängig. Akzeptiert dieser die meist spontanen ehrenamtlichen Einsätze nicht, ist ein Engagement bei der Feuerwehr schwierig. Kern wünscht sich deshalb Anreize für den Arbeitgeber, die freiwillige Tätigkeit zu unterstützen. Denkbar wären etwa steuerliche Begünstigungen für Unternehmen.

► Gehaltsfortzahlung. Ein Bonussystem für Arbeitgeber sollte garantieren, dass Arbeitnehmer für ihre freiwillige Tätigkeit nicht nur freigestellt werden, sondern auch Gehaltsfortzahlungen erhalten.

► Zeitspenden sollten absetzbar sein. Eine etwas andere finanzielle Absicherung von Freiwilligen wünscht sich Gerald Schöpfer, Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes. Da Freiwillige häufig selbst nicht reich sind, fordert er eine steuerliche Absetzbarkeit von Zeitspenden. Eine „Helferstunde“ sollte mit 27 Euro bemessen werden. Allerdings: Allein auf die Freiwilligen des Roten Kreuzes gerechnet würde das den Staat jährlich 302 Mio. Euro kosten. Der Nutzen wäre dennoch viel größer, ist der Präsident überzeugt.

► Anrechnung für die Pension. Der Staat sollte, wenn es nach Schöpfer geht, den Freiwilligen in einem weiteren Punkt entgegenkommen: Freiwilligenarbeit sollte sowohl für die Sozialversicherung als auch für die Pension anrechenbar sein.

► Unfall- und Krankenversicherung. Reformbedarf gibt es auch in puncto Unfall- und Krankenversicherung für Freiwillige. Judit Marte-Huainigg von der Caritas fordert, dass Bund und Länder – anders als jetzt – einen Teil davon übernehmen.

► Aus- und Weiterbildung fördern. Außerdem wünscht sich die Caritas, dass Programme zur Aus- und Weiterbildung von Freiwilligen vom Staat gefördert werden. So brauchten Menschen, die sich etwa in der Hospiz engagieren, nicht nur eine entsprechende Ausbildung, sondern auch Supervision.

► Geld für Koordinationsstellen. Freiwilligenarbeit hat nur dann Sinn, wenn sie gut koordiniert wird. Deshalb sollten Koordinationsstellen zum Teil von der öffentlichen Hand finanziert werden, schlägt Marte-Huainnig weiters vor.

► TV-Serie als Werbung. Damit auch künftig genügend Interessenten für die Freiwilligenarbeit gefunden werden, schlägt Walter Marschitz, Bundesgeschäftsführer des Hilfswerks vor, die Leute durch Inhalte zu begeistern. Am besten durch eine Sendereihe im ORF, die sich der Freiwilligentätigkeit widmet. Im Mittelpunkt der Sendungen sollte etwa die Arbeit von Sanitätern, Mitarbeitern von Altersheimen oder jenen Leuten, die das Essen auf Rädern liefern, stehen.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2014)

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