China schreckt die Märkte

Fällt China als wichtigster ausländischer Abnehmer von US-Anleihen künftig aus?
Fällt China als wichtigster ausländischer Abnehmer von US-Anleihen künftig aus?APA/EPA/YM YIK
  • Drucken

Chinesische Offizielle haben empfohlen, die Käufe von US-Staatsanleihen zu verlangsamen oder ganz einzustellen. Das setzte dem Dollar zu. Auch Bitcoin droht Ungemach.

New York/Frankfurt. Die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt wirbelt derzeit die Finanzmärkte heftig durcheinander. Dabei hat China offiziell noch gar nichts beschlossen. Dennoch ist die Nervosität der Anleger hoch angesichts dessen, was passieren könnte: So sollen chinesische Offizielle empfohlen haben, die Käufe von US-Staatsanleihen zu verlangsamen oder ganz einzustellen. Das erfuhr die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg von Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind.

Der Grund: US-Staatsanleihen werden weniger attraktiv im Vergleich zu anderen Anlageklassen; die anstehenden Zinserhöhungen könnten zu Kursverlusten führen. Doch auch die Spannungen zwischen China und den USA beim Thema Handel seien Gründe für eine Reduzierung oder vollständige Aussetzung der Käufe, so die Überlegungen der Offiziellen.

Anleihekurse fallen

Die Märkte reagierten heftig. Zum einen fielen die Kurse von Anleihen: Die Renditen von zehnjährigen US-Treasuries lagen am Mittwochnachmittag 3,3 Prozent höher als am Vortag. Am kurzen Ende überstieg die zweijährige Rendite sogar jene entsprechender griechischer Papiere. Steigende Renditen (für potenzielle Käufer) bedeuten bei Anleihen fallende Kurse (für Inhaber der Staatsanleihen).

Zum anderen gab der Dollar zum Euro nach. Die Gemeinschaftswährung bewegte sich wieder in Richtung 1,20 Dollar je Euro. Sprich: Der chinesische Vorstoß könnte dem Euro künftig gegenüber dem Dollar mehr Bedeutung verleihen. „Der Verschwörungstheoretiker in mir denkt, dass der Zeitpunkt dafür nicht willkürlich gewählt ist, und die Tatsache, dass der französische Präsident Emmanuel Macron diese Woche in China war, kein Zufall ist“, meinte Richard Jones, FX-Stratege für Bloomberg in London. „Es ist der Devisen-Markt, der wahrscheinlich am meisten von der Nachricht betroffen ist.“ Von der Unsicherheit profitieren konnte der Goldpreis, der in Dollar und zunächst sogar in Euro zulegen konnte. Auch die Ölnotierungen stiegen, nachdem US-Industriedaten einen Rückgang der Rohöl-Lagerbestände signalisiert hatten. Die meisten Industriemetalle, darunter Nickel und Kupfer, stiegen ebenfalls.

Hingegen verzeichneten die Aktienindizes, die am Montag und Dienstag in die Höhe geklettert waren, durchwegs Rückgänge. Relativ gut hielten sich lediglich europäische Banken: Commerzbank, Deutsche Bank, ING, Société Générale und BNP Paribas lagen am Nachmittag im Plus, auch die Erste Bank legte zu. Rohstoffwerte wurden ebenfalls tendenziell gekauft.

Peking geht gegen Bitcoin vor

Indes hat noch eine weitere Entscheidung Chinas das Potenzial, die weltweiten Märkte zu verunsichern: Peking nimmt die Kryptowährung Bitcoin ins Visier – wieder einmal. So berichtete die US-Zeitung „Wall Street Journal“ am Mittwoch, dass das kommunistische Regime eine Order ausgegeben hat, die Bitcoin-Miner „leise“ aus dem Land zu verdrängen und ihr Geschäftsmodell unmöglich zu machen.

Das bedeutet eine große Veränderung und Bedrohung für das Bitcoin-Netzwerk, denn dank günstiger Hardware- und Strompreise wird rund 80 Prozent des Bitcoin-Minings in China betrieben. Dabei werden von Computern komplizierte Rechenaufgaben gelöst um das System am Laufen zu halten. Im Gegenzug erhalten die Miner frische Bitcoins.

Der Bitcoin-Preis befand sich am Mittwoch auf Talfahrt und rutschte zeitweise unter 14.000 Dollar. Die zweitgrößte Kryptowährung Ethereum konnte hingegen auf ein neues Allzeithoch von 1340 Dollar steigen. (b. l./jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

China möchte mehr sein als bloß Amerikas Fabrik.
Leitartikel

Der Dollar hat China groß gemacht, jetzt will Peking ihn loswerden

Die Chinesen haben von der US-Währung lang profitiert und Washington gestützt. Aber seit der Krise wächst die Kritik. Peking will sich selbst etablieren.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.