Der vermehrte Einsatz neuer Medien kann für Regierungssysteme große Vorteile wie erhöhte Transparenz und Bürgerbeteiligung bringen. Die USA gehen mit gutem Beispiel voran.
Wien. Die Revolutionen in der arabischen Welt haben eines deutlich gemacht: Neue Medien können eine enorme politische Wirkung entfalten. Junge Menschen haben mit Hilfe von Facebook und Twitter den Umbruch einer ganzen Region organisiert; und so wie die Revolutionäre von Tunis und Sanaa sollten sich auch Regierungssysteme – besonders in weniger entwickelten Ländern – die Vorteile der „digitalen Revolution“ künftig noch mehr zunutze machen.
Vorschläge und Best-Practice-Beispiele, wie dieser Schritt gelingen könnte, erläutert der Bericht „The future of government: Lessons learned from around the world“, der von 15 Experten aus Wirtschaft und Politik erstellt und vor Beginn des World Economic Forum präsentiert wurde. Er zeigt die wichtigsten Herausforderungen für Regierungssysteme im 21. Jahrhundert auf – darunter eben den Einsatz Neuer Medien.
Neben erhöhter Effizienz und der einfacheren Vernetzung mit der Privatwirtschaft bringen Internet und soziale Netzwerke nämlich vor allem einen Vorteil mit sich: größere Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger, die nicht mehr nur Konsument, sondern auch Produzent von Information und Wissen sein können.
Politik wird transparent
Bisher haben zehn Länder wie etwa Neuseeland, Kanada, Australien oder Norwegen sogenannte „open data portals“ – hier können die Bürger Informationen wie Ausgaben und andere Aktivitäten der öffentlichen Hand einsehen und dazu auch ihre Meinung abgeben – implementiert.
Die USA spielen in diesem Bereich eine besondere Vorreiterrolle: Die Obama-Administration folgt dem Credo, dass die Regierungsarbeit völlig transparent und der Zugang zu Informationen „demokratisiert“ werden sollte. Zudem sollten Bürgern mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung durch soziale Netzwerke eingeräumt werden.
Zu diesem Zweck wurde die Webseite data.gov eingerichtet, auf der jeder US-Bürger Zugang zu etwa 300.000 Daten erhält, die eine „noch nie da gewesene“ Transparenz in verschiedenen Politikbereichen wie beispielsweise Gesundheit oder Arbeitsplatzsicherheit ermöglicht. Neben einer Reihe weiterer Initiativen macht auch das Weiße Haus auf seiner Internetseite mehr und mehr Informationen wie die Entlohnung von Mitarbeitern öffentlich zugänglich.
Um Neue Medien und soziale Netzwerke bestmöglich nutzen zu können, müssten die Mitarbeiter entsprechende Kompetenzen aufweisen, so der Bericht. Personalbeschaffungssysteme der öffentlichen Hand sollten darauf künftig vermehrt achten.
Noch zu starr und bürokratisch
Überhaupt verordnet die Studie den Verwaltungssystemen „in den meisten Ländern“ eine gründliche Überholung: Diese seien zu starr und bürokratisch, nach innen gerichtet und würden globalen Anforderungen wie der Wirtschaftskrise oder dem Klimawandel, die eine Interaktion mit der Privatwirtschaft und anderen Regierungen erfordern, oft nicht gerecht. Strukturen und Prozesse müssten vereinfacht werden, damit Mitarbeitern sich untereinander und nach außen besser vernetzen können.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2011)