Für ein kleines Land wie Österreich ist die Exportwirtschaft eine tragende Säule. Diese fordert schlanke und unbürokratische Rahmenbedingungen, weniger Lohnnebenkosten und neue Schwerpunkte an den Hochschulen.
Wien. In Österreich hängt fast ein Drittel aller Arbeitsplätze vom Export ab. Gab es im Jahr 1995 nur 8000 exportierende Unternehmen, so ist die Zahl inzwischen auf 47.000 gestiegen. Bei stagnierender Inlandsnachfrage versuchen auch immer mehr kleinere Unternehmen, auf den Exportmärkten Fuß zu fassen. Im Vorjahr kletterte das Exportvolumen laut Statistik Austria um 1,8 Prozent auf 125,8 Milliarden Euro. Das ist ein neuer Rekord. Die Exportquote, also die Waren- und Dienstleistungsimporte gemessen am Bruttoinlandsprodukt, ist seit 1995 von 34,9 Prozent auf mittlerweile 57,4 Prozent gestiegen. Sie liegt damit über dem EU-Durchschnitt von 44,8 Prozent.
Der wichtigste Handelspartner ist Deutschland. Dorthin gehen 30 Prozent aller österreichischen Ausfuhren. Auf Platz zwei liegt Italien mit 6,5 Prozent, gefolgt von den Vereinigten Staaten mit 5,6 Prozent und der Schweiz mit 5,1 Prozent. Mit „go international“ haben das Wirtschaftsministerium und die Wirtschaftskammer eine Neuausrichtung der Exportoffensive beschlossen.
Viele Weltmarktführer
Ziel ist es, dass Österreichs Firmen noch stärker von Wachstumsregionen wie China, Indien und Brasilien profitieren. Derzeit gehen lediglich 20 Prozent der österreichischen Exporte in außereuropäische Länder. Bis 2020 soll der Anteil auf mindestens 25 Prozent steigen. Die Basis für den Erfolg der österreichischen Exportwirtschaft bilden die vielen Hidden Champions. Das sind Firmen, die in ihrem Segment Marktführer sind. Die Firma Frequentis etwa ist die Nummer eins bei Kommunikationssystemen in der Flugsicherung. Ihre Produkte sind auf vielen Flughäfen weltweit im Einsatz.
Ein anderes Beispiel ist AT&S, Europas größter Hersteller bei Leiterplatten, die sich in elektronischen Geräten wie Handys, Tablet-PCs und Digitalkameras befinden. Das Unternehmen verfügt über Produktionsstätten in Österreich, Korea, Indien und China.
Thomas Haller, Österreich-Chef des Unternehmensberaters Simon, Kucher und Partners, schätzt, dass es in Österreich bis zu 150 Hidden Champions gibt. Davon sind über 75 Prozent Industrieunternehmen. Die meisten Hidden Champions gibt es in Oberösterreich. Als Beispiele nennt Haller die Firma Teufelberger oder die Voestalpine-Bahnsysteme, deren Exportquote deutlich über 80 Prozent liegt. „Oberösterreich verfügt über eine sehr gute Vernetzung mit internationalen Märkten: Die Hochleistungsanbindung der Westbahn, die Donau, der Flughafen Linz und die Westautobahn bieten bestmögliche Verbindungen – vor allem mit Deutschland“, so Haller zur „Presse“.
Eine vergleichsweise hohe Dichte an Hidden Champions gibt es auch in der Steiermark. „Hier ist der Raum Graz mit seinem Automobilzuliefer-Cluster die treibende Kraft.“ Eine gute Infrastruktur sei ein wesentlicher Faktor, der in Gebieten mit einer hohen Champions-Dichte zum Tragen komme.
Politik muss umdenken
Der Unternehmensberater Haller hat einige Ideen, wie Österreichs Exportkaiser gestärkt werden können. „Ein zentrales Thema sind schlanke, unbürokratische Rahmenbedingungen, die Unternehmen flexibles und schnelles Handeln ermöglichen – diese Rahmenbedingungen könnten noch verbessert werden.“ Auch sollen mehr pro-unternehmerische Akzente gesetzt werden. „Hohe Lohnnebenkosten konterkarieren diesen Ansatz“, so Haller. Wenn österreichische Betriebe pro Arbeitsplatz rund zehn Prozent höhere Kosten im Vergleich zu Deutschland schultern müssen, „dann schwächt das die Ertragskraft und damit die Zukunft der Unternehmen.“
In Österreich sei die steuerliche Belastung im internationalen Vergleich relativ hoch. „Es ist an der Zeit, dass ein grundlegendes Umdenken der politischen Entscheidungsträger erfolgt.“
Laut Haller haben Hidden Champions auch Schwierigkeiten, qualifizierte Hochschulabsolventen zu finden. An Österreichs Universitäten und Hochschulen werden zwar Fallbeispiele internationaler Konzerne, aber selten von Hidden Champions studiert. Haller: „Hier würde ich mir einen stärkeren Ausbildungsfokus in Richtung unserer vom Mittelstand und von Familienunternehmen geprägten Wirtschaft wünschen.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2014)