Madagaskar kämpft gegen verheerende Pest-Epidemie

Diagnose Pest: Die Frau wird in der Küstenstadt Toamasina behandelt.
Diagnose Pest: Die Frau wird in der Küstenstadt Toamasina behandelt.(c) APA/AFP
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Beim schlimmsten Pest-Ausbruch seit 50 Jahren sind mehr als 127 Menschen gestorben.

Antananarivo/Wien. Ende August reiste ein 31 Jahre alter Mann aus der Region Ankazobe in der Hochebene Madagaskars mit einem Sammeltaxi in seine Heimatstadt Toamasina an der Küste – mit einem Zwischenstopp in der Hauptstadt Antananarivo. Der Mann fühlte sich nicht wohl, konnte nur schwer atmen, sein Zustand verschlechterte sich schnell. Er verstarb in einem Krankenhaus entlang der Route, wo er – ohne spezielle Vorkehrung – bestattet wurde.

Die folgenschwere Diagnose kam erst später: Der Mann hatte Lungenpest. 31 Menschen, die während seiner Reise mit ihm in Kontakt gekommen waren, infizierten sich mit der hoch ansteckenden Krankheit, vier von ihnen starben. Kurz darauf war der Inselstaat Madagaskar vom schlimmsten Pestausbruch seit fünfzig Jahren betroffen. Bisher hat das Gesundheitsministerium mehr als 1800 Fälle bestätigt, 127 Menschen sind gestorben. 51 der insgesamt 114 Bezirke des Inselstaats vor der Südostküste Afrikas sind betroffen.

Zwei Formen der Krankheit

In Europa verbindet man mit der Pest noch immer die große Epidemie Mitte des 14. Jahrhunderts, als der „Schwarze Tod“ bis zu 25 Millionen Menschen dahinraffte. Erst Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte ein Schweizer Arzt den Erreger der Pest: das Bakterium Yersinia pestis.

Im bitterarmen Madagaskar sind kleinere Ausbrüche in den Monaten September bis April nicht ungewöhnlich. In der Regenzeit treten immer wieder Fälle auf. Der jüngste Ausbruch ist jedoch bedeutend heftiger ausgefallen und hat diesmal auch die großen Städte des Landes erfasst, die bisher verschont geblieben waren. Erschwerend ist auch: Zusätzlich zur Beulenpest – die am weitesten verbreitete Form, die durch von Ratten infizierte Flöhe übertragen wird –, ist nun auch die Lungenpest aufgetreten. Sie breitet sich durch Tröpfcheninfektion rasend schnell aus und endet unbehandelt immer tödlich. Jener 31-Jährige, der im überfüllten Sammeltaxi erkrankte und von der Weltgesundheitsorganisation WHO als „Case zero“ identifiziert wurde, starb an dieser hoch ansteckenden Form der Pest. Rechtzeitig erkannt ist sie leicht mit Antibiotika zu behandeln.

In Madagaskar, wo man auf die üblichen Pestausbrüche relativ gut vorbereitet ist, arbeiten die Behörden auf Hochtouren: In den überfüllten und schmutzigen Märkten der Hauptstadt Antananarivo sind Arbeiter mit Desinfektionsmittel gegen die Pesterreger vorgegangen. In groß angelegten Aktionen wurden Ratten gefangen. Die Menschen haben sich in Panik mit Antibiotika und Atemmasken eingedeckt. Der Schulunterricht wurde abgesagt, öffentliche Versammlungen verboten. Die Ärzte und Sanitäter der Hauptstadt haben eine Urlaubssperre aufgebrummt bekommen. Laut WHO ist das Schlimmste bereits überstanden, von Entwarnung kann aber noch keine Rede sein.

Die Lehren aus Ebola

Diesmal wollte die WHO jedenfalls alles richtig machen: Rasch wurden 1,5 Millionen Dosen Antibiotika zur Behandlung und Prophylaxe bereitgestellt. 2014 war die internationale Organisation in die Kritik geraten: Zu lax und zu spät habe man auf den Ausbruch von Ebola in Westafrika reagiert. Mehr als 11.000 Menschen starben damals an der Viruserkrankung. Daraus scheint man einiges gelernt zu haben. (zoe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2017)

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