Unizugang: Buddies, Roboter und Pop-up-Professoren

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Rund 200 Teilnehmer suchten nach (mehr oder weniger) radikalen Ansätzen, um Ungleichheiten beim Hochschulzugang auszuräumen. Einige könnten umgesetzt werden – das versprach jedenfalls Staatssekretär Harald Mahrer.

Roboter, die an Universitäten lehren, Professoren, die mit dem Lastwagen durchs Land fahren und über ihre Uni informieren und Maturanten, die sich von der Uni abmelden müssen – weil alle schon automatisch angemeldet sind: Das sind drei der Ansätze, mit denen die rund 200 Teilnehmer des gestrigen Ideenworkshops im Turnsaal der Hauptschule soziale Ungleichheit beim Zugang zu Hochschulen bekämpfen würden. Moderator Peter Woodward wünschte sich hierbei durchaus radikale Ideen: „Sie müssen nicht total verrückt sein – aber es sollte nichts sein, was sowieso passieren wird.“

Der Einfall mit den Robotern sollte dabei eher ein Denkanstoß sein. Die Idee dahinter: Mit ihren Einstellungen und ihren Vorurteilen würden Menschen Ungleichheiten oft zementieren. Wenn dagegen Maschinen die Arbeit an den Unis übernehmen würden, wäre die Atmosphäre neutral. Ein Denkansatz, den Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) – der die Ideen am Schluss kommentierte – ziemlich gut fand: Denn nur in einer vorurteilsfreien Umgebung könne man sich gut entfalten.

Ein Versprechen als Motivation

Mahrer hatte den Teilnehmern gleich zu Beginn ein paar Jubelrufe entlockt – als er ihnen nämlich ein Versprechen gab: Wenn sich nach den zwei Stunden auf den sechs Flipcharts an der Wand des Turnsaals „eine, zwei, drei oder mehr richtig gescheite Ideen“ dazu finden, was man – auf politischer Ebene – gegen Ungleichheit beim Hochschulzugang tun könne, dann werde er das in Österreich auf Regierungsebene einbringen. Und in einem nächsten Schritt dann auch auf europäischer Ebene.

Angetan hat es ihm ein Ideenkomplex, der um einiges weniger radikal ausfiel als der Einfall mit den Robotern, aber dennoch zentral ist, wenn es um die Beseitigung von Hürden am Weg zur Uni geht: die engere Kooperation von Hochschulen mit Schulen und Kindergärten. So wurde etwa vorgeschlagen, ein Buddy-System für Schüler zu schaffen oder Vorbilder in die Volksschulen einzuladen, die über ihren Werdegang erzählen, um den Kindern Ideen für ihren eigenen weiteren Bildungsweg zu geben.

Eigentlich auch zu diesem Bereich passt eine Idee, die wiederum Moderator Peter Woodward besonders hervorhob: die des „University Trucks“. Er stellte sich diesen in der Praxis so vor: „Ein Lastwagen wie ein Pop-up-Café, aus dem zwei oder drei Uni-Professoren heraushüpfen und junge Leute über Studien und Fördermöglichkeiten informieren.“ Weitere – mehr oder weniger radikale – Ideen: 70 Prozent des Verwaltungspersonals an den Unis zu feuern und das Geld für die Förderung der Studierenden zu verwenden, soziale Medien wie Twitter, Facebook und Instagram in den Schul- und Unialltag einzubinden oder Mentoring auf allen Ebenen – vom Kindergarten bis zur Universität.

Keine vorgesetzten Lösungen

Die Idee hinter dem Workshop: Die Teilnehmer sollten nicht, wie so oft auf Konferenzen, Lösungen vorgesetzt bekommen – sondern diese selbst erarbeiten. Und zwar möglichst gemeinsam mit Menschen, die sie vorher noch nicht kannten – und die vielleicht ganz andere Einstellungen haben, wie Moderator Woodward erklärte. Auf Mahrers Tisch – insgesamt waren 29 Tische besetzt – traf zumindest die erste Anforderung nicht ganz zu: Neben dem Staatssekretär saß nämlich Andrea Braidt, Vizerektorin der Akademie für bildende Kunst in Wien. Man darf annehmen, dass die beiden bereits miteinander zu tun hatten. Auch am selben Tisch dabei: Fernando Galán Palomares, der oberste europäische Studierendenvertreter.

Diskutiert wurde am Tisch des Staatssekretärs über das Bolognasystem – und die Frage, ob man die Hochschulreform nicht zurücknehmen sollte. Über ein Projekt in Israel, bei dem Studierende von den Uni-Gebühren befreit werden, wenn sie sich neben dem Studium um sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche kümmern. Oder über Uni-Einführungskurse in der jeweiligen Muttersprache, ein Ansatz, der vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise, durch die ja auch viele junge Menschen ins Land kommen, aktueller ist denn je.

26 Initiativen inspirieren

Inspirieren lassen konnten sich die Teilnehmer – neben Studierenden und Experten auch OECD-Expertin Corinne Heckmann, Forumsvizepräsidentin Sonja Puntscher Riekmann oder Angewandte-Chef Gerald Bast – seit dem frühen Nachmittag: Im Turnsaal wurden 26 Initiativen vorgestellt, die Stolpersteine für benachteiligte Jugendliche ausräumen wollen. Vertreten war etwa das deutsche Projekt arbeiterkind.de, das sich für junge Menschen einsetzt, die als erste in ihrer Familie studieren (wollen). Ebenfalls dabei: das Projekt PROMI, das Hochqualifizierten mit Behinderung den Weg zum Doktorat erleichtern will und die Kinderuni Wien, die Kinder aus bildungsfernen Familien an die Uni holt.

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