Trump feuert Justizministerin im Streit um Einreisestopp

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Der US-Präsident entlässt die interimistische Justizchefin Sally Yates, weil sie sich öffentlich gegen sein Einreiseverbot für Muslime gestellt hat. Das Pentagon fordert bereits die ersten Ausnahmen vom Bann.

Die Fehde zwischen Gegnern und Befürwortern des von Donald Trump verhängten Einreisebanns nimmt immer erbittertere Formen an. Während Washington als erster US-Bundesstaat eine Klage gegen Trumps Dekret ankündigte, die Demokraten im Kongress den Aufstand probten und selbst Ex-Präsident Barack Obama sich nur zehn Tage nach seinem Ausscheiden aus dem Amt wieder in die politische Debatte einmischte, entließ der Präsident die kommissarische Justizministerin kurz nach deren öffentlicher Kritik an seinem Erlass.

Sally Yates habe "das Justizministerium verraten", indem sie sich als dessen kommissarische Leiterin geweigert habe, eine rechtliche Anordnung durchzusetzen, die dem Schutz der Bevölkerung diene, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung des Weißen Hauses. Yates hatte die Anwälte des Justizministeriums angewiesen, das Einreise-Dekret nicht juristisch zu verteidigen, weil sie von dessen Rechtmäßigkeit nicht überzeugt sei. Yates gehörte noch der Vorgängerregierung unter Barack Obama an. Die Generalstaatsanwältin sollte das Ministerium vorübergehend leiten, bist Trumps designierter Justizminister Jeff Sessions im Senat bestätigt wird.

Trump hatte am Freitag einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus den mehrheitlich muslimischen Ländern Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen verfügt. Flüchtlinge aus aller Welt sind für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien sogar auf unbestimmte Zeit. Der Erlass rief in den USA wie international massive Kritik aus Politik, Sport, Kultur und Wirtschaft hervor. Bei Trumps Anhängern und ihm zugeneigten Medien kam der Beschluss hingegen sehr gut an: Trump löse genau das ein, was er im Wahlkampf versprochen habe, hieß es.

Pentagon fordert Ausnahme für Iraker

Anstelle Yates übernimmt nun übergangsweise Dana Boente, bisher Generalstaatsanwalt in Virginia, den interimistischen Posten. Er stellte sich kurz nach seiner Ernennung am Montag hinter den umstrittenen Beschluss Trumps. Er wies die Beamten des Justizministeriums zudem an, ihre "vereidigte Pflicht" zu tun und die "rechtmäßigen Anordnungen unseres Präsidenten" zu verteidigen.

Offenbar herrscht allerdings noch Unklarheit im Umgang mit dem Präsidentendekret zu dem Einreisestopp. "Wir sind noch im Prozess der Prüfung", sagte Pentagon-Sprecher Jeff Davis am Montag in Washington. Auf die Frage, ob das Verteidigungsministerium im Voraus vom Weißen Haus um Rat hinsichtlich des Einreisebanns gebeten wurde, wollte der Sprecher nicht antworten.

Das Pentagon forderte zudem eine Ausnahmeregelung für Iraker, die die US-Armee im Irak-Einsatz unterstützt haben. Diese Iraker hätten "große Gefahren für sich selbst" in Kauf genommen, um die US-Streitkräfte etwa als Kämpfer oder Dolmetscher zu unterstützen, meinte Davis. Das Ministerium wolle deshalb ein Liste mit den Namen der Betroffenen erstellen, die von dem Einreisestopp ausgenommen werden sollten, sagte der Sprecher. "Wir wollen sicherstellen, dass die Namen derjenigen, die tatkräftig ihre Bereitschaft demonstriert haben, mit uns zu kämpfen und uns zu unterstützen, bekannt sind." 

"Niemand steht über dem Gesetz"

Washingtons Justizminister Bob Ferguson erklärte, wenn ein Sieg mit der Klage gegen Trumps Dekret vor dem Bundesgericht in Seattle gelinge, mache dies Trumps Erlass in den gesamten USA ungültig. Das Dekret verstoße aus mehreren Gründen gegen die US-Verfassung. "Niemand steht über dem Gesetz, nicht einmal der Präsident." In der Erklärung heißt es, die Klage werde von mehreren Großkonzernen unterstützt.

Etliche Demokraten aus dem US-Kongress demonstrierten vor dem Obersten Gericht des Landes in Washington mit Hunderten Menschen gegen das Einreiseverbot. "Dieses Dekret richtet sich gegen alles, woran wir in Amerika glauben", sagte Chuck Schumer, demokratischer Fraktionschef im Senat. Die USA seien in der Vergangenheit ein "Leuchtfeuer" für Unterdrückte in aller Welt gewesen. Trumps Einreiseverbot dagegen sei unmenschlich. "Wir werden es mit allem, was wir haben, bekämpfen", versprach Schumer.

Obama meldet sich zurück

Selbst Obama meldete sich zu Wort - obwohl er noch bei seiner Abschiedspressekonferenz erklärt hatte, er wolle sich nicht in die Tagespolitik einmischen. Es gehe ihm ans Herz, wie viele Menschen sich derzeit bei Demonstrationen und in Sozialen Netzwerke für politische Werte, Demokratie und den Schutz der Verfassung engagierten, richtete er in einer Mitteilung seines Sprechers Kevin Lewis aus.

Kritik an Trumps Dekret wurde auch aus dem US-Außenministerium laut. In Medienberichten kursierten verschiedene Versionen einer Protestnote, die von einer unbekannten Zahl von Diplomaten unterzeichnet wurde. Darin heißt es, Trumps Dekret mache das Land - anders als behauptet - nicht sicherer. Präsidentensprecher Sean Spicer legte den Diplomaten daraufhin nahe, über ihr Dienstende nachzudenken.

In vielen US-Städten demonstrierten Tausende Menschen gegen das Dekret. Auch in London und anderen britischen Städten protestierten am Montagabend zehntausende Menschen gegen die Einreiseverbote und forderten Premierministerin Theresa May auf, die bei ihrem Treffen mit Trump ausgesprochene Einladung für einen Staatsbesuch zurückzunehmen. Mehr als 1,5 Millionen Briten haben bisher eine entsprechende Online-Petition unterzeichnet. May sagte, Großbritannien verfolge zwar eine andere Einwanderungspolitik als Trump. Die USA seien aber ein enger Verbündeter und die Einladung an Trump bleibe bestehen.

Bis zu 20.000 Flüchtlinge von Dekret betroffen

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte Trump deutlich. "Das Vorgehen widerspricht nach meiner Auffassung dem Grundgedanken der internationalen Flüchtlingshilfe und der internationalen Kooperation", sagte sie. Der notwendige Kampf gegen den Terror "rechtfertigt in keiner Weise einen Generalverdacht gegen Menschen bestimmten Glaubens, in diesem Falle Menschen muslimischen Glaubens" oder einer bestimmten Herkunft.

Alarmiert von der neuen Flüchtlingspolitik war auch der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi. Bis zu 20.000 Menschen könnten dadurch in den nächsten 120 Tagen in eine prekäre Lage kommen, teilte Grandi am Montagabend in Genf mit. Für 120 Tage oder vier Monate gilt der Einreisestopp für Flüchtlinge, den US-Präsident Donald Trump vergangenen Freitag verhängt hat. Die USA haben bisher so viele Flüchtlinge aufgenommen wie kaum ein anderes Land. Im Durchschnitt der vergangenen 15 Jahre hätten im Monat etwa 5000 Flüchtlinge ein neues Leben in den USA begonnen.

"Die Flüchtlinge sind verängstigt, durcheinander und untröstlich nach einem schon sehr lange währenden Prozess", teilte Grandis Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR mit. "Die Flüchtlinge teilen die Sorgen der USA über Sicherheit. Sie sind selbst vor Krieg, Verfolgung, Unterdrückung und Terrorismus geflohen."

(APA/dpa/Reuters/AFP)

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