Bombendrohung in Gaggenau nach Absage

Die deutsche Stadt Gaggenau hatte am Donnerstag kurz vor Beginn eine geplante Veranstaltung mit dem türkischen Justizminister Bekir Bozdag untersagt.
Die deutsche Stadt Gaggenau hatte am Donnerstag kurz vor Beginn eine geplante Veranstaltung mit dem türkischen Justizminister Bekir Bozdag untersagt.APA/AFP/dpa (CHRISTOPH SCHMIDT)
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Das Rathaus in Gaggenau in Baden-Württemberg wurde geräumt. Gestern hatte die Stadt eine Veranstaltung mit dem türkischen Justizminister abgesagt.

Im Rathaus von Gaggenau im deutschen Bundesland Baden-Württemberg ist am Freitag eine Bombendrohung eingegangen. Der Anrufer begründete die Drohung mit der Absage eines Auftritts des türkischen Justizministers Bekir Bozdag in der Stadt, wie der Leiter des Bürgerservices, Dieter Spannagel, sagte. Das Gebäude wurde vorsorglich geräumt und von der Polizei durchsucht.

Nach dem geplatzten Auftritt Bozdags hat Außenminister Mevlüt Cavusoglu Deutschland Doppelmoral vorgeworfen. Die Türkei könne die Geschehnisse in Gaggenau nicht hinnehmen, sagte Cavusoglu am Freitag vor Journalisten in Ankara. Wenn Deutschland die Beziehungen zur Türkei aufrechterhalten wolle, müsse es "lernen, sich zu benehmen".

"So kann es nicht weitergehen", sagte Cavusoglu. "Wenn Sie mit uns arbeiten wollen, müssen Sie lernen, wie Sie sich uns gegenüber zu verhalten haben." Die Türkei werde die Behandlung ansonsten "ohne Zögern mit allen Mitteln" erwidern. "Dann müssen Sie an die Folgen denken." Welche Folgen das sein könnten, sagte er nicht.

"Sie wollen sich einer starken Türkei in den Weg stellen"

Das türkische Volk sei einem "systematischen Druck" durch Deutschland ausgesetzt, werde sich aber nicht einschüchtern lassen, betonte der Minister. Er forderte eine Behandlung seines Landes auf Augenhöhe. "Sie müssen uns als ebenbürtigen Partner betrachten", sagte er. "Die Türkei untersteht Ihnen nicht. Sie sind nicht der Chef der Türkei. Sie sind nicht erste Klasse und die Türkei zweite Klasse." Er warf Deutschland vor, das angestrebte Präsidialsystem in der Türkei verhindern zu wollen. Berlin wolle keine Wahlkampfveranstaltungen zu der Verfassungsreform in Deutschland und keine "starke Türkei", sagte Cavusoglu. "Sie wollen nicht, dass die Türkei da Wahlkampf macht, sie arbeiten für ein 'Nein'. Sie wollen sich einer starken Türkei in den Weg stellen."Massive Kritik des deutschen Justizministers

Heiko Maas, der deutsche Justizminister hat derweil in einem Brief der Türkei den Abbau des Rechtsstaats vorgeworfen. Er zeigte sich erschüttert über den Fall des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel. Eine Annäherung zwischen der TÜrkei und der EU werde so immer unwahrscheinlicher.

Die deutsche Stadt Gaggenau hatte am Donnerstag kurz vor Beginn eine geplante Veranstaltung mit dem türkischen Justizminister Bekir Bozdag untersagt. Die Stadtverwaltung machte Sicherheitsbedenken geltend. Bozdag wollte bei seinen in Deutschland lebenden Landsleuten für die geplante Verfassungsreform in der Türkei werben. Die Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland stoßen parteiübergreifend auf Kritik. Seit der Inhaftierung Yücels hat sich das Verhältnis zwischen beiden Regierungen weiter verschlechtert.

Der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) forderte unterdessen ein klares Wort von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Richtung Ankara. Merkel müsse dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan deutlich machen, dass "solche spaltenden Wahlkampfauftritte mit antidemokratischer Zielrichtung hier bei uns in Deutschland nicht erwünscht sind", sagte Kutschaty.

Nach der Absage einer Veranstaltung mit dem türkischen Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci in Köln bleibt es unterdessen bei einem weiteren geplanten Auftritt des Politikers in Leverkusen. "Die Veranstaltung wird stattfinden, wir werden sie nicht absagen", sagte ein Sprecherin der Stadt in Nordrhein-Westfalen in der Nähe von Köln.

Zeybekci wird dort am Sonntag bei einer Kulturveranstaltung eines türkischen Vereins zu Ehren eines verstorbenen türkischen Musikers erwartet und soll ein Grußwort sprechen. Die Veranstaltung in einer städtischen Einrichtung war nach Angaben der Sprecherin schon länger geplant. Zeybekci würde in Deutschland notfalls auch "von Haus zu Haus" ziehen, sollten ihm Wahlkampfauftritte vor Türken verwehrt werden. "Es scheint, sie annullieren dort unsere Treffen, unsere Versammlungen", sagte Zeybekci.

(AFP)

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