Wie China Afrika verändert

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Peking baut in Afrika mit massiven Investitionen und Megaprojekten seinen Einfluss aus - und fordert damit den Westen heraus. Staatschef Xi hat den Staaten rund 50 Mrd. Euro Hilfe zugesichert.

Malou Jontilano hat keine freie Minute. Sie beantwortet Textnachrichten per Handy, liest Mails auf dem Computer und gibt ein Interview - alles gleichzeitig. Die drahtige Geschäftsführerin der chinesischen Bekleidungsfirma G&H Garments kurbelt seit drei Jahren mit mehr als 1000 Angestellten die Produktion im ostafrikanischen Ruanda an. "Afrika ist ein sehr attraktiver Markt für uns", sagt Jontilano.

Nicht nur in Ruanda, sondern in ganz Afrika baut Peking seinen Einfluss in hohem Tempo aus und fordert damit auch den Westen heraus. Mit einem Handelsvolumen von zuletzt 170 Mrd. US-Dollar (rund 145 Mrd. Euro) hat China sowohl die USA als auch die alte Kolonialmacht Frankreich als wichtigste Handelspartner des Kontinents hinter sich gelassen.

Welche große Rolle Afrika in den Plänen der Chinesen spielt, wird der anstehende China-Afrika-Gipfel (FOCAC) unterstreichen, zu dem ab Montag zahlreiche afrikanische Staats- und Regierungschefs in Peking erwartet werden. Gleich zu Beginn des Treffens kündigte China an, den Staaten Afrikas mit 60 Mrd. US-Dollar (51,5 Mrd. Euro) unter die Arme greifen zu wollen.

Auch sollen einige Länder von ausstehenden Schulden befreit werden. "Wir begrüßen Afrika im Expresszug der chinesischen Entwicklung", sagte Xi vor Dutzenden Staats- und Regierungschefs aus afrikanischen Staaten in Pekings Großer Halle des Volkes.

Von "Made in China" zu "Made in Afrika"

China geht es bei seinem Engagement nicht mehr nur um die Sicherung von Rohstoffen. Als Antwort auf die steigenden Lohnkosten in der Heimat verlagern chinesische Firmen Teile ihre Produktion in afrikanische Länder. Ihr Ziel sei es, das Label "Made in China" in "Made in Afrika" umzuwandeln, sagt Geschäftsführerin Jontilano.

Das Werk von G&H Garments liegt in einer fast 300 Hektar großen Sonderhandelszone am Rande von Ruandas Hauptstadt Kigali, die nach dem Vorbild derer errichtet ist, die in den 80er Jahren zur wirtschaftlichen Öffnung Chinas beitrugen.

Hier investieren dutzende private und staatliche chinesische Unternehmen. Nach Schätzungen der Unternehmensberatung McKinsey sind inzwischen mehr als 10.000 chinesische Firmen in Afrika tätig und beschäftigen mehrere Millionen Afrikaner.

Die Chinesen hoffen, dass die wachsende afrikanische Mittelschicht zu einem zuverlässigen Abnehmer der eigenen Produkte wird. Je mehr der Handelsstreit mit den USA eskaliert, desto mehr rückt für Peking die Suche nach neuen Handelspartnern in den Fokus.

Auch militärische Interessen

Nicht nur zwischen den Zeilen dürfte der Handelsstreit auch beim Gipfel in Peking eine Rolle spielen: "Interessant wird, wie stark sich China als Alternative zu den USA präsentieren wird, in dem es rhetorisch Freihandel und Multilateralismus betont", sagt Sabine Mokry vom China-Institut Merics in Berlin.

Wahrscheinlich werde Peking den Gipfel nutzen, um auch seiner neuen Seidenstraße einen Schub zu geben und für neue chinesische Infrastruktur-Projekte in Afrika werben. Mit dem Projekt Neue Seidenstraße will die Volksrepublik die Handelsrouten mit dem übrigen Asien sowie Afrika und Europa ausbauen.

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Schon jetzt haben zahlreiche chinesische Megaprojekte begonnen, den Kontinent zu verändern. In Kenia, Nigeria, Äthiopien, Tansania, Angola und Marokko haben die Chinesen wichtige Bahnlinien gebaut, tausende Kilometer Straßen geteert, Krankenhäuser und Regierungsgebäude errichtet. Chinesische Investoren finanzieren sogar ganze Städte, wie Angolas fast neun Quadratkilometer große Nova Cidade de Kilamba.

"Die Presse"-Grafik

Einhergehend mit einer engeren Verflechtung im Handel verfolgt China zunehmend auch militärische Interessen in Afrika. Erst im Juli richtete Peking zur Vorbereitung auf den China-Afrika-Gipfel kommende Woche ein Militärforum mit afrikanischen Staaten aus.

Skeptiker kritisieren "neokoloniale Eroberung" durch China

Experten erwarten, dass China über die Militärkooperation mit Afrika auch seine Wirtschaftsinteressen auf dem Kontinent wie auch seine Seewege sichern will. Seit 2017 unterhält China einen ersten Marinestützpunkt im Ausland in Dschibuti am Horn von Afrika, von wo auch die eigenen Einsätze im UN-Kampf gegen Piraten unterstützt werden. China will auch in noch größerem Umfang als Waffenlieferant und Ausbilder für das Militär afrikanischer Staaten agieren.

Während viele Afrikaner glauben, dass die Investitionen der Volksrepublik einen lange notwendigen Entwicklungsschub ermöglichen, beanstanden Kritiker die "neokolonialen Eroberung" Afrikas durch China. Peking habe keine Scheu, mit Autokraten zu arbeiten, solange es sich Zugang zu Afrikas Bodenschätzen sichern könne, sagt der südafrikanische Wirtschaftsexperte und Politologe William Gumede.

"Chinesen handeln Bauverträge im Austausch gegen Bergbaukonzessionen aus, zum Beispiel in Sambia oder Simbabwe, oder vergeben, wie in Angola, Kredite, um einen Teil der heimischen Ölproduktion zu decken", so Gumede. Noch schlimmer: Der Handel zwischen China und Afrika sei "einseitig", meint Gumede. "Afrikaner haben in China kaum neue Verträge gewonnen. Afrika macht davon absolut keinen Gewinn".

(APA/dpa)

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