Die Schreckensherrschaft des Nicolás Maduro

A woman shows a placard with a picture of Rafael Acosta, after a news conference in Caracas
A woman shows a placard with a picture of Rafael Acosta, after a news conference in CaracasREUTERS
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Michele Bachelet, die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, wirft der Regierung in Caracas vor, Tausende Bürger außergerichtlich getötet und systematisch brutale Foltermethoden eingesetzt zu haben.

Buenos Aires/Caracas. Eine „schockierend hohe“ Zahl von außergerichtlichen Tötungen hält die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte in ihrem Bericht über Venezuela fest. Allein im Vorjahr starben in dem Karibikland 5287 Menschen bei Sicherheitsoperationen unter Umständen, die von den Behörden als „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ vermerkt wurden.

Michelle Bachelets in Genf präsentierte Studie basiert auf über 550 Interviews mit Anwälten, Opfern und Zeugen von Rechtsverletzungen. Die UN-Teams sprachen mit 160 staatlichen und nicht staatlichen Organisationen. Bachelet, zweimalige Präsidentin Chiles und Mitglied der sozialistischen Partei, traf Ende Juni sowohl den venezolanischen Machthaber Nicolás Maduro als auch dessen Hauptopponenten, den Parlamentspräsidenten Juan Guaidó.

Der Bericht, der die zurückliegenden 18 Monate umfasst, registriert zudem weitere 1569 Tote bis zum 19. Mai 2019. Diese Zahlen ähneln jenen, die das Observatorio de la Violencia erhoben hat. Die lokale Nichtregierungsorganisation erhob im Vorjahr mindestens 7523 Morde sowie 2124 weitere Tötungen von Jänner bis Mai dieses Jahres.

Bachelet dokumentiert in ihrem Report eine Reihe weiterer Menschenrechtsverletzungen: Die Regierung Maduro praktiziere eine Strategie, die auf „Neutralisierung, Unterdrückung und Kriminalisierung von politischen Gegnern und Regierungskritikern abziele. Hunderte Menschen würden willkürlich inhaftiert, Folter sei an der Tagesordnung. Auch staatliche Sozialprogramme wie etwa die Ausgabe der monatlichen Lebensmittelpakete würden als „Instrument sozialer Kontrolle“ missbraucht.

Elektroschocks und Schläge

Das Papier beschreibt zahlreiche Methoden der Folter. So seien Inhaftierte mit Elektroschocks gequält sowie durch Schläge, Atmungs- und Nahrungsmittelentzug gefügig gemacht worden. Zudem komme es bei den Verhören immer wieder zu gezielten sexuellen Übergriffen.

Zeitgleich zu Bachelets Venezuela-Reise war der Fall Rafael Acosta bekannt geworden. Der Marineoffizier war nach der Rebellion vom 30. April wegen angeblicher Verschwörung festgenommen worden und vor zwei Wochen in Haft gestorben. Einem geleakten Autopsiebericht zufolge erlitt Acosta innere Blutungen, zahlreiche Knochenbrüche und Kopfverletzungen. Seine Witwe beschuldigt die Behörden der Folter.

Die Regierung Maduro wies den UN-Bericht brüsk zurück. Er enthalte zahlreiche Fehler und Ungenauigkeiten und sei parteiisch, hieß es in einer Stellungnahme in 70 Punkten. Ohne auf Opferzahlen in dem Papier einzugehen, entgegnete die Regierung, die Staatsanwaltschaft sei über 292 Vorgänge zwischen 2017 und 2019 informiert, in die 388 Vertreter der Sonderpolizei FAES wegen „Mordes, brutaler Behandlung und häuslicher Gewalt“ verwickelt seien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2019)

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