Setzten Rebellen Chemiewaffen in Syrien ein?

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Die UN-Ermittlerin Del Ponte vermutet, dass die Rebellen Sarin einsetzten. Es gebe einen "konkreten Verdacht". Doch ihre Aussagen wurden relativiert.

Es ist ein schwerwiegender Vorwurf. Und er trifft nicht das Regime von Bashar al-Assad im Bürgerkriegsland Syrien, sondern die Rebellen. Es gebe den "starken, konkreten" Verdacht, dass Assads Widersacher das tödliche Nervengas Sarin eingesetzt haben, erklärte Carla Del Ponte, Mitglied der UN-Kommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen in Syrien.

"Das waren die Rebellen"

Noch gebe es zwar keinen „unwiderlegbaren Beweis" für den Einsatz der international geächteten und verbotenen Chemiewaffe. Aber: „Unsere Ermittler haben in Nachbarländern mit Opfern, Ärzten und Krankenhausmitarbeitern gesprochen", so Del Ponte. Und in dem Bericht über die Zeugenaussagen zeige sich eben der „starke, konkrete Verdacht", „auch in der Art wie die Opfer behandelt wurden". Del Ponte stellte in dem TV-Interview auch unmissverständlich klar, wer hinter dem Saringas-Einsatz stehen würde: „Das waren die Rebellen, nicht die Regierungsvertreter."

Die ehemalige Chefanklägerin des UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien nannte aber weder Ort noch Zeit des möglichen Saringas-Einsatzes durch die Rebellen. Und schließlich rückte auch die unabhängige Syrien-Kommission der Vereinten Nationen Del Pontes Aussagen zurecht: Es gebe "keine beweiskräftigen Ermittlungsergebnisse für einen Chemiewaffeneinsatz in Syrien durch irgendeine der an dem Konflikt beteiligten Parteien", erklärte die Kommission am Montag. "Daher ist die Kommission derzeit nicht in der Lage, diese Behauptungen weiter zu kommentieren." Die Erklärung kommt einem Dementi zu den Äußerungen Del Pontes zumindest nahe.

Auch die USA haben sehr skeptisch auf Berichte über einen möglichen Chemiewaffeneinsatz von Rebellen in Syrien reagiert. "Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass jedwede Nutzung von Chemiewaffen in Syrien vom Assad-Regime ausging", sagte der Sprecher des Weißen Hauses in Washington, Jay Carney.

Lange Spekulationen

In der Vergangenheit hatten sich die Spekulationen um einen Chemiewaffen-Einsatz in Syrien verdichtet, als Täter wurden aber zumeist die Schergen von Assads Regime vermutet. Ranghohe US-Regierungsmitglieder bezeichneten es vor einigen Wochen als wahrscheinlich, dass in Syrien Chemiewaffen "in geringen Mengen" eingesetzt worden seien. Auch der britische Geheimdienst sprach von "begrenzten, aber überzeugenden Hinweisen". Und ein israelischer General behauptete, Assad habe Chemiewaffen eingesetzt.

Die Berichte erhöhten auch den Druck auf US-Präsident Barack Obama. Er hatte den möglichen Einsatz von Chemiewaffen als das Überschreiten einer „roten Linie" bezeichnet und sich damit selbst Handlungsdruck für diesen Fall aufgelegt.

Der Einsatz von Chemiewaffen ist seit 1992 verboten. Der Konvention gehören 188 Staaten an. Syrien hat nie unterschrieben.

Das Nervengift Sarin

Sarin wurde im Zweiten Weltkrieg in Deutschland entwickelt, das zehnmal wirksamere VX in den 1950ern in Großbritannien und Schweden; in beiden Fällen hatte man an Pestiziden auf Phosphorbasis geforscht. Die Gase stören Teile des vegetativen Nervensystems, indem sie den Abbau der Reizüberträgersubstanz Acetylcholin hemmen. Die Nerven bzw. die von ihnen kontrollierten Organe werden sozusagen „überdreht", man entwickelt schwere Muskelkrämpfe und erstickt. Die Letalität ist hoch, schon Dosen im Milligrammbereich sind tödlich. Träger können ballistische Scud- und SS-21-Scarab-Raketen sein, Geschützgranaten und Fliegerbomben. Syrien ist eines von nur acht Ländern (darunter etwa Nordkorea und Israel), die nicht der UN-Chemiewaffenkonvention angehören.

(Red./APA/Reuters)

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