Teherans Chefdiplomat weckt zu Hause Ressentiments

Teherans Chefdiplomat USAkzent weckt
Teherans Chefdiplomat USAkzent weckt(c) REUTERS (POOL)
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Außenminister Javad Zarif hat exzellente Kontakte in die USA.

Der Auftakt zu den Genfer Atomverhandlungen verlief ganz nach dem Muster US-amerikanischer Business-Akademien. Die einstündige Powerpoint-Präsentation des iranischen Außenministers Mohammed Javad Zarif in flüssigem Englisch mit US-Akzent rang selbst den Teilnehmern der US-Delegation Respekt ab. Am Rande der UN-Vollversammlung in New York hatte der humorvolle 53-Jährige mit den guten Manieren und dem entwaffnenden Charme zuvor bereits beim ersten hochrangigen bilateralen Treffen mit einem US-Amtskollegen seit 1979 das Eis gebrochen.

Die Politik der Öffnung exerzierte er selbst vor. Völlig überraschend kommt der neue Tonfall aus Teheran darum nicht, zumal der Chefdiplomat 30 Jahre in den USA gelebt hat – als Politologiestudent an der San Francisco State University, während seiner Dissertation in Denver und schließlich als UN-Botschafter in New York, wo er zur Entspannung gerne im Central Park spazierte, sich als umtriebiger Gastredner an Universitäten profilierte und dabei ein umfangreiches Netzwerk spann.

In der Welt der Akademien und der Diplomatie fühlt sich Zarif wie zu Hause. Seine diplomatische Nagelprobe erlebte er schon als 19-Jähriger. Auf dem Höhepunkt der Krise um die Besetzung der US-Botschaft in Teheran half er in der iranischen Vertretung in Washington aus. Dabei ist er nur durch Zufall Diplomat geworden. Weil sein US-Studentenvisum ausgelaufen war, heuerte er kurz entschlossen bei der UN-Botschaft in New York an. Bis heute sind ihm die USA nicht „Feinde“, sondern „Rivalen“, und seine Aufgeschlossenheit für technische Innovationen, für Internet und Twitter rief in der iranischen Jugend Sympathien hervor.

Unter Führung des nunmehrigen Präsidenten Hassan Rohani schnupperte er anno 2003 bei Gesprächen im Atomstreit Verhandlungsluft. Nach seiner Abberufung als UN-Botschafter 2007 fiel er in Teheran jedoch in Ungnade, unter Präsident Mahmoud Ahmadinejad verfolgte er eine akademische Karriere – bis ihn Rohani aus dem Elfenbeinturm herausholte.

Die Bestellung zum Außenminister war freilich keineswegs unumstritten, sie weckte die Ressentiments der ultrakonservativen Kräfte des Mullah-Regimes, weil Zarif als „Vasall Washingtons“ gilt. Mancher unterstellte ihm sogar, sich um die US-Staatsbürgerschaft beworben zu haben – ein politisches Todesurteil in Teheran. Die Attacken schlugen ihm jüngst so auf die Nieren, dass er sich kurzfristig in Spitalsbehandlung begab. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2013)

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