Tony Blair: „Das Ende einer langen Reise“

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Der britische Ex-Premierminister Tony Blair konvertierte zum Katholizismus.

LONDON. Selbst nach seinem Ausscheiden aus der Politik seines Landes sorgt Tony Blair für Schlagzeilen. Im Rahmen einer Messfeier trat der britische Ex-Premier vom anglikanischen zum katholischen Glauben über. Die anglikanische Kirche ist in Großbritannien Staatskirche und die Rivalität mit Rom war über Jahrhunderte quasi Staatsdoktrin. Blair, dessen Frau Cherie Katholikin ist und dessen vier Kinder ebenfalls in diesem Glauben erzogen wurden, beschäftigte sich dennoch seit vielen Jahren mit der Möglichkeit eines Übertritts.

Einer seiner letzten Besuche als Premierminister galt im Juni Papst Benedikt XVI in Rom. „Für ihn ist es das Ende einer lange Reise und eine Ankunft“, sagte Kardinal Cormac Murphy-O'Connor, das Oberhaut der britischen Katholiken, der nun für Blair die Messe las. Obwohl Blairs einstiger Pressesprecher Alastair Campbell einst erklärt hatte, „We don't do God“, machte der Ex-Premier aus seiner Faszination für Religion nie ein Geheimnis.

Nicht nur besuchte er regelmäßig die Messe, in einem Interview erklärte er einmal auf die Frage nach seiner Verantwortung für den Irak-Krieg: „Das werde ich mir einst mit meinem Schöpfer ausmachen müssen.“ Vor der Kriegsentscheidung, so verlautete aus der Umgebung Blairs, habe er „gebetet“.

Anglikanische Kirche in Krise

So viel religiöser Eifer stieß im liberalen und zutiefst sekulären Großbritannien auf Verwunderung und auch auf Spott. Über Jahre karikierte das Satiremagazin „Private Eye“ Blair als Dorfpriester, der seine Schäfchen mit pathetischen Reden nervt. Der Ex-Premier selbst klagte in einem Interview, dass Menschen, die sich öffentlich zu ihrem Glauben bekennen, in Großbritannien als „Spinner“ betrachtet werden.

Die anglikanische Kirche trifft der Verlust Blairs in schwieriger Zeit. Die Kirche wird nicht nur von Spannungen zwischen Modernisieren und Konservativen erschüttert. Sie verliert auch immer mehr Zuspruch in der Bevölkerung, während die katholische Kirche dank der starken Zuwanderung aus Ländern wie Polen eine Erneuerung feiert. Mittlerweile haben die etwa 4,2 Millionen Katholiken in Großbritannien die 25 Millionen Anglikaner im sonntäglichen Messbesuch überholt.

Neue Sendung in Nahost

Tony Blair ist nach seinem Abtritt als Premierminister auch auf anderem Feld religiös aktiv. Die von ihm gegründete „Blair Foundation“ bereitet derzeit eine Initiative für den interkonfessionellen Dialog vor. Seit Juni ist der 54-Jährige, der Großbritannien zehn Jahre regierte, zudem Sonderbeauftragter des Nahost-Quartetts und dabei für Wirtschaftsprojekte zuständig. Der neuen Sendung folgend verbringt mittlerweile die meiste Zeit außerhalb seiner Heimat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2007)

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