Exodus der Flüchtlinge aus Idomeni war "organisierte Aktion"

(c) Imago
  • Drucken

Flugblätter hätten Hunderte Flüchtlinge dazu gedrängt, aus dem überfülltem Lager in Idomeni über die mazedonische Grenze zu stürmen. Mazedonien will sie wieder zurückschieben.

Der Flüchtlings-Exodus aus Griechenland nach Mazedonien ist nach Ansicht Athens organisiert worden. "Wir haben in unseren Händen Flugblätter, die zeigen, das das (nämlich der Exodus) eine organisierte Aktion war", erklärte am späten Montagabend der Sprecher des Krisenstabes für die Flüchtlingskrise, Giorgos Kyritsis, in Athen. Zuvor hatte er an einer Dringlichkeitssitzung unter Vorsitz des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras teilgenommen. Wer hinter der Aktion steckt, war zunächst unklar.

Andere Flyer mit falschen Informationen forderten die Migranten auf, nicht in Lager ins Landesinnere zu gehen. Sie sollten nicht in Busse steigen, weil die Regierung in Athen plane, sie zurück in die Türkei zu bringen, hieße es darin, sagte Kyritsis weiter. "Wir fordern die Migranten und Flüchtlinge auf, den griechischen Behörden zu vertrauen und es zu akzeptieren, in andere Lager gebracht zu werden. Die Lage im Flüchtlingslager Idomeni sei "absolut aussichtslos", erklärte der Sprecher des Krisenstabes weiter.

Rund 700 Migranten wieder in Griechenland

Griechische Medien veröffentlichten Kopien der Flugblätter, die Unbekannte an die Migranten verteilt hatten. Darin ist der Weg eingezeichnet, wie die Migranten den mazedonischen Zaun meiden und über Umwege nach Mazedonien einreisen können. Rund tausend Migranten hatten am Montagnachmittag das provisorische Flüchtlingscamp verlassen und waren über die griechisch-mazedonische Grenze gestürmt. Die meisten wurden in Mazedonien festgenommen.

Der Text der Flugblätter

Der Text der Flugblätter laut einer in der griechischen Presse veröffentlichten Übersetzung aus dem Arabischen:

1. Die griechisch-mazedonische Grenze ist und wird zu bleiben

2. Es gibt keine Busse oder Züge, die Sie nach Deutschland bringen werden.

3. Es ist sehr gut möglich, dass, wer in Griechenland bleibt, (am Ende) in die Türkei abgeschoben wird.

4. Wer es schafft illegal in einen anderen Staat Mittel- oder Osteuropas zu reisen, wird bleiben können. Deutschland akzeptiert noch Flüchtlinge.

5. Es ist möglich, dass das Lager von Idomeni in den kommenden Tagen evakuiert wird. Möglicherweise werden Sie dann in andere Lager gebracht und danach in die Türkei ausgewiesen.

Die Lösung:

1. Der Zaun, der vor Ihnen steht, soll Sie in die Irre führen, damit Sie glauben, die Grenze sei geschlossen.

Der Zaun endet fünf Kilometer von hier. Danach gibt es keinen Zaun, der Sie daran hindern könnte, nach Mazedonien zu reisen. Sie können hier rübergehen (schauen Sie auf die Karte)

2. Wenn Sie sich in kleinen Gruppen bewegen, werden Sie von der mazedonischen Polizei oder der Armee festgenommen und nach Griechenland zurückgebracht.

3. Wenn Sie aber zu Tausenden versuchen gleichzeitig über die Grenze zu kommen, wird die Polizei Sie nicht stoppen können.

Lasst uns alle um 14.00 Uhr im Camp (von Idomeni) treffen. Bitte schauen Sie auf die Karte, um den Weg zum Treffpunkt zu sehen.

Mazedonien hat am Dienstagvormittag laut Angaben der Polizei begonnen,die Menschen wieder zurück nach Griechenland zu schieben. Griechenland selbst wollte zunächst weder bestätigen noch dementieren, dass sich die rund 700 Migranten wieder auf griechischem Boden befinden. Laut mazedonischer Polizei wurden bereits in den frühen Morgenstunden mit den Rückschiebungen begonnen. Sie wurden in Lkws zurücktransportiert.

Laut Medienberichten war auch eine Gruppe von etwa 40 Journalisten, die die Gruppe begleitete, vorübergehend wegen illegalen Grenzübertritts verhaftet worden. Nachdem sie eine Geldstrafe in der Höhe von rund 260 Euro pro Person bezahlten, wurden sie nach Angaben mazedonischer Medien wieder freigelassen. Unter den Festgenommenen befand sich auch die österreichische Aktivistin Fanny Müller-Uri.

UNHCR: Mehr als 143.000 Migranten in Ägäis

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerkes UNHCR haben vom Beginn des Jahres bis zum 13. März 143.205 Flüchtlinge und Migranten von der Türkei zu den griechischen Inseln übergesetzt. Zum Vergleich: In den ersten drei Monaten des Vorjahres waren knapp 12.500 Migranten gekommen.

38 Prozent der Asylsuchenden sind Minderjährige und 22 Prozent Frauen, wie das UN-Hilfswerk am Dienstag weiter mitteilte. Demnach stammen 48 Prozent der Menschen aus Syrien. Auf den griechischen Inseln warten mittlerweile mehr als 9000 Migranten darauf, zum Festland weiterreisen zu dürfen.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Willkommen in Piräus
Außenpolitik

Flüchtlingskrise: NGOs geraten unter Beschuss

In Griechenland steigt der Unmut über fragwürdige Aktionen von freiwilligen Helfern und Aktivisten. Sie hätten in Flüchtlingslagern de facto die Kontrolle übernommen und eigene Regeln aufgestellt.
Flüchtlinge in der türkischen Küstenregion bei Cesme
Außenpolitik

Flüchtlinge: UNO gegen sofortige Rückführung in Türkei

UNHCR fordert Sicherheitsgarantien für Betroffene und warnt vor weiteren Zusammenstößen in Griechenland wegen Verschlechterung der Zustände.
Weltjournal

Flüchtlinge: Griechenland will Hafen von Piräus räumen

Rund um den Hafen der griechischen Hauptstadt halten sich mehr als 5000 Flüchtlinge auf. Zuletzt haben sich in Piräus die Spannungen entladen.
Flüchtlingscamp in Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze.
Europa

Griechisches Parlament stimmt über Flüchtlingspakt ab

Wichtigster Punkt ist ein Gesetzesentwurfs zur Rechtmäßigkeit der Rückführungen in die Türkei. Amnesty berichtete unterdessen, dass massenhaft Flüchtlinge von dort zurück nach Syrien abgeschoben werden.
Europa

Flüchtlinge: "Tötet uns hier, aber schickt uns nicht zurück"

Am Montag sollen die Rückschiebungen von Griechenland in die Türkei beginnen, die Furcht unter den Flüchtlingen steigt. Doch noch sind nicht alle gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen worden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.