Syrien-Krieg: US-Diplomaten fordern Militärschläge gegen Assad

Smoke and flame rise after what fighters of the Syria Democratic Forces (SDF) said were U.S.-led air strikes on the mills of Manbij where Islamic State militants are positioned,  in Aleppo Governorate
Smoke and flame rise after what fighters of the Syria Democratic Forces (SDF) said were U.S.-led air strikes on the mills of Manbij where Islamic State militants are positioned, in Aleppo Governorate(c) REUTERS (RODI SAID)
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51 Mitarbeiter des US-Außenministeriums protestieren gegen die Politik von Präsident Obama. Ihr Aufbegehren ist spät und dürfte folgenlos bleiben.

Washington. Angesichts des nahenden Endes der Ära von US-Präsident Barack Obama regt sich in seinem Außenministerium lautstarke Kritik an seiner zögerlichen Haltung im syrischen Bürgerkrieg. 51 Diplomaten und sonstige Mitarbeiter des State Department, die allesamt mit Syrien befasst sind, fordern in einer gemeinsamen Erklärung ein härteres Vorgehen gegen das Regime von Präsident Bashar al-Assad. Amerikas Regierung sei von der enormen und seit einem halben Jahrzehnt andauernden Gewalt in Syrien, der bereits mehr als 400.000 Syrer zum Opfer gefallen sind, „überwältigt“ worden. Die Angriffe des Assad-Regimes auf Zivilisten mit Fassbomben, die von Hubschraubern auf Wohngebiete abgeworfen werden, seien „die Ursache der Instabilität, welche Syrien und die gesamte Region im Griff hält“. Die 51 Unterzeichner des Memorandums, das aus dem amtlichen Briefverkehr des State Department an die „New York Times“ und das „Wall Street Journal“ gespielt wurde, fordern Obama zum „vernünftigen Einsatz von Marschflugkörpern und Luftangriffen auf, die einen konzentrierteren und härteren von den USA geführten diplomatischen Prozess stärken und vorantreiben würden“.

Vereinfacht gesagt sind diese amerikanischen Syrien-Experten (von einem früheren stellvertretenden Botschafter in Damaskus bis zu Abteilungsleitern für Nahostfragen im Ministerium in Washington) der Ansicht, dass die USA mit gezielten Luftschlägen gegen Assads Regime und seine Streitkräfte deren Angriffe auf syrische Zivilisten unterbinden sollten. Die USA sollten parallel dazu in der Diplomatie das Steuer in die Hand nehmen, um Assad und seine Gegner zur Beendigung des Schlachtens zu zwingen. Von so einem direkten Eingriff in den syrischen Bürgerkrieg sind die USA unter Präsident Obama allerdings weit entfernt. Am nächsten schienen US-Luftschläge gegen Assads Regime im August 2013. Damals töteten Assads Streitkräfte bei einem Angriff mit Giftgas auf einen Vorort von Damaskus rund 1400 Männer, Frauen und Kinder. Etwa ein Jahr zuvor hatte Obama Assad genau für so einen Fall des Einsatzes von Giftwaffen mit militärischer Gewalt gedroht und von einer „roten Linie“ gesprochen.

„Zu wenig, zu spät, ein wenig naiv“

Doch die Marschflugkörper blieben auf den amerikanischen U-Booten und Bombern, die rund um Syrien in Angriffstellung gegangen waren. Obama wollte um jeden Preis die Verwicklung der USA in einen weiteren Krieg im Nahen Osten verhindern, nachdem er mit großen Mühen (und, wie sich heute zeigt, eher fraglichem Erfolg) erst die militärischen Besatzungen im Irak und in Afghanistan beendet hat. Insofern ist der Erfolg des Protest-Memorandums der 51 Syrien-Experten unwahrscheinlich. „Zu wenig, zu spät, und ein wenig naiv im Hinblick auf das russische militärische Engagement in Syrien“, lautete am Freitag das Urteil des früheren US-Diplomaten William Jordan im BBC-Interview.

Er hält es für möglich, dass das Memorandum weniger an Obama als an seinen Nachfolger gerichtet ist. Dies dürfte nach derzeitigem Stand der Umfragen Hillary Clinton werden, doch ihre Haltung in der Frage, wie der Syrien-Krieg zu beenden sei, ist schon bekannt. Sie war damals als Obamas Außenministerin dafür, Assad mit Militärschlägen zur Vernunft und an den Verhandlungstisch zu bringen sowie eine schlagkräftige syrische Widerstandsarmee auszurüsten. Das Memorandum werde den Anliegen dieser Leute, die „stark mit dem syrischen Volk mitfühlen, das in den Händen des Assads ist“, vermutlich kaum helfen, resümierte Jordan.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2016)

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