Deutsches Verfassungsgericht

Wird die rechtsextreme NPD verboten?

Die NPD hat in Deutschland nur mehr 5000 Mitglieder.
Die NPD hat in Deutschland nur mehr 5000 Mitglieder.(c) REUTERS (STEFANIE LOOS)
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Es ist unsicher, ob die Karlsruher Richter ein Urteil gegen die schwächelnde Partei aussprechen werden. Das könnte der Vereinigung zu Auftrieb verhelfen.

Selten ist in Deutschland ein Urteil des höchsten Gerichtes mit so viel Spannung erwartet worden: Am Dienstag entscheidet das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über ein Verbot der rechtsextremen NPD. Nachdem ein erstes Verbotsverfahren 2003 spektakulär gescheitert war, ist auch jetzt keineswegs sicher, dass die Karlsruher Richter ein Verdikt gegen die schwächelnde Partei aussprechen werden.

Die 1964 gegründete NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) ist mit gut 5000 Mitgliedern die mit Abstand größte rechtsextreme Partei in Deutschland. Laut deutschem Verfassungsschutz (Inlandsgeheimdienst) strebt sie die Überwindung der gegenwärtigen politischen Ordnung in Deutschland an und hat eine "wohlwollende Haltung gegenüber dem historischen Nationalsozialismus". Ideologisches Kernelement ist die Vorstellung einer ethnisch homogenen "Volksgemeinschaft".

Nachdem die NPD in den 1960er Jahren zeitweise in sieben Landesparlamenten saß, führte sie über Jahrzehnte das Dasein einer Splitterpartei. Nach der deutschen Wiedervereinigung erstarkte sie im tendenziell fremdenfeindlicheren Osten und saß je zwei Wahlperioden in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Zuletzt scheiterte sie in beiden Bundesländern an der Fünf-Prozent-Hürde.

Erster Prozess platzte wegen V-Männer-Affäre

Parteien kann in Deutschland nur das Bundesverfassungsgericht verbieten. 2003 scheiterte ein gemeinsam von deutscher Regierung, Bundestag und Bundesrat eingereichter Antrag. Die hohen Richter monierten, dass Informanten des Verfassungsschutzes, sogenannte V-Männer, auch in der Führungsriege der NPD tätig waren. Das Gericht mochte daher nicht ausschließen, dass vom Staat bezahlte Spitzel die Beweismittel gegen die Partei fabriziert hätten.

Den neuen Verbotsantrag hat der Bundesrat im Dezember 2013 alleine gestellt. Die Länderkammer machte unter anderem geltend, dass Ideologie und Programm der NPD über weite Strecken "mit den Lehren des historischen deutschen Nationalsozialismus identisch" seien. Regierung und Parlament beteiligten sich dieses Mal nicht. Deutsche Regierungspolitiker argumentierten, dass sich die Partei ohnehin im Siechtum befinde und ein Verbotsverfahren ihr nur neue Aufmerksamkeit bescheren würde.

Die Bundesländer trugen nun dafür Sorge, genügend Material gegen die NPD zusammenzutragen, das nicht von "V-Männern" beeinflusst wurde. Das scheint gelungen, denn anders als 2003 ist der Prozess nicht vorzeitig geplatzt; nach mehr als drei Jahren steht nun ein Urteil bevor. Eine extremistische Ausrichtung alleine reicht für ein Verbot aber nicht aus. Es muss auch nachgewiesen werden, dass die Partei für den Staat und die demokratische Grundordnung wirklich gefährlich ist.

Bedeutung der NPD kontinuierlich gesunken

Und hier gibt es Zweifel angesichts der Schwäche der Partei. Die Bedeutung der NPD ist seit Beginn des Verfahrens kontinuierlich gesunken. Sie leidet an akuter Finanznot und wurde durch Führungskämpfe geschwächt. Seit September vorigen Jahres ist sie in keinem Landesparlament mehr vertreten. Sie hat jetzt noch einen Abgeordneten im Europaparlament und deutschlandweit 360 Mandate auf kommunaler Ebene.

Die "Bild"-Zeitung schrieb Ende Dezember, die deutsche Regierung gehe in einer internen Einschätzung davon aus, dass Karlsruhe dem Verbotsantrag nicht stattgeben werde. Sie komme zu der Einschätzung, dass die NPD in ihrem politischen Wirken und durch ihre ausbleibenden Wahlerfolge die Schwelle zur Gefährlichkeit nicht überschritten habe.

Nach wie vor erhält die NPD Geld vom Staat - wie jede andere Partei in Deutschland, die bei Bundestagswahlen mehr als 0,5 oder bei Landtagswahlen über 1,0 Prozent der Stimmen holt. Damit hätte es ein Ende, sollte Karlsruhe am Dienstag dem Antrag der Länder stattgeben. Die Partei müsste sich auflösen und ihre Mandate abgeben. Sollten die Verfassungsrichter aber die NPD leben lassen, dürften das die Rechtsextremisten in jedem Fall propagandistisch ausschlachten.

(APA/dpa/Klaus Blume)

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