Die Ministerin, die Trump die Stirn bot

Sally Yates blieb ihren Überzeugungen treu.
Sally Yates blieb ihren Überzeugungen treu.(c) REUTERS (Reuters Photographer / Reuter)
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Die kommissarische Justizministerin Sally Yates galt seit jeher als unbeugsam und kritisch. Ihre Entlassung ist ein Zeichen an künftige Abweichler in Trumps Team.

Es ist ein seltsamer Wink des Schicksals: Als sich Sally Quillin Yates 2015 vor dem Senat der Vereinigten Staaten als zukünftige Stellvertreterin der damaligen Justizministerin, Loretta Lynch, zur Rede stellte, wurde sie gefragt, was sie einem Präsidenten entgegnen würde, der etwas Unrechtmäßiges von ihr verlange - und es war niemand anderes als Jeff Sessions, der in wenigen Tagen als US-Justizminister angelobt werden soll, der ihr Unbestechlichkeit auf die Probe stellte.

"Sie müssen vorsichtig sein, denn man wird von Ihnen Dinge verlangen, zu denen sie einfach Nein sagen müssen. Denken Sie, dass der Generalstaatsanwalt eine Verantwortung hat, dem Präsidenten Nein zu sagen, wenn dieser etwas Unangemessenes verlangt?", fragte der Senator aus Alabama damals. "Senator, ich bin überzeugt, dass der Generalstaatsanwalt generell die Pflicht hat, sich an das Recht und die Verfassung zu halten und dem Präsidenten in rechtlichen Belangen zu beraten", antwortete Yates, damals noch unter der Administration von Ex-Präsident Barack Obama.

Am Montag stellte die 56-Jährige unter Beweis, dass sie sich an ihre Überzeugungen halten würde: Gerade einmal elf Tage lang war sie geschäftsführende US-Generalstaatsanwältin und Justizministerin. Die neue Regierung hatte sie gebeten, das Amt von Loretta Lynch zu übernehmen, bis deren designierter Nachfolger Jeff Sessions vom Senat bestätigt wird.

27 Jahre lange Karriere im Justizministerium

Zwei Tage bevor sie ihre politische Karriere beendet hätte, entließ US-Präsident Donald Trump Yates. Sie hatte die Anwälte des Justizministeriums angewiesen, dessen Einreiseverbot für Flüchtlinge und Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern nicht juristisch zu verteidigen. Damit habe sie "das Justizministerium verraten", ließ das Weiße Haus am Montag wissen.

Die Juristin aus der Metropole Atlanta hatte dem Ministerium 27 Jahre lang gedient - vor allem als stellvertretende Bundesanwältin in ihrer Heimat, dem südöstlichen Bundesstaat Georgia. Dort war sie etwa leitende Anklägerin im Prozess gegen den Terroristen Eric Rudolph, der unter anderem wegen eines tödlichen Bombenanschlags im Olympic Park von Atlanta während der Olympischen Spiele 1996 zu mehreren lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurde.

Trumps Amtsvorgänger Obama nominierte Yates im Jahr 2010 als Chef-Bundesanwältin für Georgia. Fünf Jahre später bestätigte der Senat die Magna-cum-Laude-Absolventin an der University of Georgia als Lynchs Stellvertreterin. Zwei Jahre lang war sie nach Angaben des Justizministeriums für dessen operatives Tagesgeschäft zuständig. Mit Lynchs Ausscheiden wurde Yates bei Trumps Amtsantritt am 20. Jänner kommissarisch ihre Nachfolgerin.

"Yates Akte war über jeden Zweifel erhaben"

Yates sei im Justizministerium dafür bekannt gewesen, ihre Meinung zu äußern und auch die Regierung zu kritisieren, zitierte die Zeitung "Washington Post" die frühere Ministeriumssprecherin Emily Pierce. Yates schrieb demnach zudem vor zwei Jahren eine als "Yates-Memo" bekannte Richtlinie, nach der es Bundesanwälte zur Priorität machen sollen, nicht nur gegen Unternehmen, sondern auch gegen einzelne Manager zu ermitteln.

Yates war auch dabei, als im Dezember Anklagen gegen sechs frühere und aktuelle Manager des deutschen Autobauers Volkswagen wegen des Abgasskandals bekanntgegeben wurden. Bei VW habe man Hinweise auf eine fast zehnjährige Verschwörung gefunden, sagte sie damals - nicht begangen von "irgendeinem gesichtslosen Konzern, sondern von Menschen aus Fleisch und Blut, die ihre Position nutzten, um Regulierer und Verbraucher zu betrügen".

Ihre Akte sei über jeden Zweifel erhaben, sagte Ex-Arbeitsminister Thomas Perez, der die Bürgerrechtsdivision im Justizministerium leitete, der "Washington Post". Drei Jahrzehnte habe sie beiden Parteien gedient, die Verfassung verteidigt und sowohl Terroristen als auch andere Kriminelle zur Rechenschaft gezogen.

Trump-Team spricht von "rücksichtslosem Verhalten"

Trumps Unterstützer sind da freilich anderer Meinung. So kritisierte Stephen Miller, einer von Trumps Top-Beratern, ihre Weigerung, "die Befehle des Präsidenten zu verteidigen", als "rücksichtsloses, unverantwortliches und unangemessenes Verhalten". Er habe keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Dekrets. Selbst der texanische Senator Ted Cruz, ein Langzeitrivale Trumps, verteidigte den Präsidenten am Montagabend. Es sei die richtige Entscheidung gewesen, Yates zu entlassen. Denn sie habe "freche, parteiische Interessen vor ihre Pflicht gegenüber dem Gesetz gestellt".

Mit der Entlassung setzte Trump jedenfalls ein Zeichen an mögliche Abweichler in seiner Regierung. "Präsident Trump hat sein Kabinett zur Kenntnis gesetzt: Wenn ihr euren Amtseid, die Verfassung zu verteidigen, wahrt, riskiert ihr euren Job", sagte Patrick Leahy, Demokrat und Mitglied im Rechtskomitee des Senats im "Guardian". Es sei zudem besorgniserregend, dass Sessions als künftiger Justizminister nicht signalisiert habe, dass er die Verfassung vor den Präsidenten stellen werde.

(APA/dpa)

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