Gabriel erinnert USA demonstrativ an universelle Werte

Gabriel und Tillerson.
Gabriel und Tillerson.APA/AFP/MANDEL NGAN
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Als erster deutscher Politiker besucht der Außenminister die neue US-Regierung. Er versicherte Washington Kooperation- jedoch nicht ohne einen Seitenhieb auf die Politik der Trump-Regierung.

Es ist ein schwieriger Besuch, den der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel nach nicht einmal einer Woche im neuen Amt absolviert: Beim wichtigsten Verbündeten jenseits des Atlantiks geht es seit dem Amtsantritt Donald Trumps drunter und drüber, mit ein paar getwitterten Buchstaben bringt der mächtigste Mann der Welt Länder wie Großkonzerne ins Zittern. Unzählige Eklats hat Trump in seinen wenigen Tagen im Oval Office bereits provoziert, er hat Staatschefs, seine Geheimdienste und seine diplomatische Elite düpiert. Noch ist unklar, welche seiner markigen Ankündigungen er am Ende umsetzen wird. Doch unter Diplomaten nimmt die dumpfe Ahnung zu, dass es mehr sein könnten als befürchtet.

Während die Welt frustriert um die richtige Art des Umgangs mit Trump ringt, steckt Gabriel in Washington schon mitten drin. Als erstes Mitglied der Bundesregierung muss er in der US-Hauptstadt austesten, was der einst so verlässliche Partner und Beschützer denn nun tatsächlich will - und wie weit eine Zusammenarbeit in Zukunft trotz Trumps "America-First"-Politik überhaupt noch möglich sein wird. Feste Vereinbarungen erwartet Gabriel dabei nicht, aber er will zumindest ein Gefühl für sein Gegenüber bekommen.

So erinnerte Gabriel die USA ausdrücklich an grundlegende Werte ihrer Staatsgründung wie Freiheit und Gleichheit erinnert. Bei einem Besuch in der Bibliothek des Kongresses las er demonstrativ aus einer deutschen Übersetzung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung vor.

Gabriel zitiert aus Unabhängigkeitserklärung

Gleichzeitig bot er der Regierung von Präsident Donald Trump eine "ausgestreckte Hand" an. Der Besuch in der berühmten Bibliothek des US-Kongresses war ein Wunsch von Gabriel gewesen. Sie beherbergt rund 31 Millionen Bücher in 470 verschiedenen Sprachen und zahlreiche Dokumente. Darunter ist auch eine alte deutsche Übersetzung der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten.

Gabriel ließ sich das Dokument zeigen - und dann zitierte er demonstrativ aus dem historischen Text, der die Ideale von Freiheit und Gleichheit propagiert. "Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen worden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freiheit und das Bestreben nach Glückseligkeit", las Gabriel vor.

Damit sein Seitenhieb auf die Politik der Trump-Regierung nicht ungehört verhallte, betonte der deutsche Außenminister: "In diesen Tagen ist es eine gute Idee daran zu erinnern, dass das universelle Werte sind."

Strafzölle nicht im Interesse der USA

Auch das heikle Thema Außenhandel sprach Gabriel an. "Für uns ist völlig klar, die Vereinigten Staaten haben genauso wie wir in Deutschland große Wertschöpfungsketten, wo sie nicht so einfach einzelne Teile rausbrechen und mit Zöllen belegen können", sagte er nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen Rex Tillerson.

"Das scheint mir vor allem auch Herrn Tillerson absolut klar zu sein." Nach Aussage Tillersons gehe es den USA darum, Handelsabkommen so zu reformieren, dass sich die USA nicht in ihren Interessen benachteiligt fühlten. Gabriel hatte sich in Washington auch mit Vize-Präsident Mike Pence getroffen.

Fairer und freier Handel sei auch im Interesse der Verbraucher in den USA, sagte Gabriel. "Es gibt 3500 deutsche Unternehmen, die in diesem Land 700.000 Arbeitsplätze schaffen." BMW beispielsweise habe seine größte Fabrik in Spartanburg in South Carolina und nicht etwa in München oder in Leipzig. Daran zeige sich, wie groß die internationale Verknüpfung sei. "Wir haben gute Erfahrungen in Deutschland damit gemacht, an diesen Wertschöpfungsketten festzuhalten, sie nicht partiell aufzulösen - das macht den großen wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes aus."

Schulterschluss gegen China

Tillerson habe mehrfach darauf hingewiesen, dass etwa China sich an die WTO-Vereinbarungen halten müsse, sagte Gabriel. "Was mich dazu veranlasst hat zu sagen: Diese Erinnerung fände ich gut, weil es ja bedeutet, dass letztlich auch die Vereinigten Staaten zu diesen WTO-Vereinbarungen stehen. Ich glaube, das hat er mit großem Humor zur Kenntnis genommen." Der neue US-Präsident Donald Trump hat unter anderem ausländischen Autobauern mit hohen Strafzöllen gedroht.

Beide Gesprächspartner hätten deutlich gemacht, dass sie ein großes Interesse an einer Stärkung Europas hätten, sagte Gabriel. Dies liege auch im Interesse der USA, die von Europa forderten, mehr Geld für die eigene Sicherheit auszugeben. "Das wird sich nur realisieren lassen, wenn Europa das gemeinschaftlich macht", erklärte Gabriel.

Mit Blick auf die Ukraine habe er dafür geworben, am bisherigen Verhandlungsformat der Normandie-Gruppe aus Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine festzuhalten, sagte der Minister. Dies solle weiter in sehr enger Abstimmung mit den USA geschehen. "Das ist (...) von meinen Gesprächspartnern auch für richtig erachtet worden", sagte Gabriel. Hinweise, dass die USA das Atomabkommen mit dem Iran aufkündigen werden, habe er in seinen Gesprächen nicht erhalten. Trump hatte mit einem Ausstieg aus dem Atomvertrag gedroht.

(APA/Reuters/dpa)

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