IS erschießt offenbar Rot-Kreuz-Mitarbeiter in Afghanistan

Das Rote Kreuz wird in Afghanistan von den Kriegsparteien respektiert.
Das Rote Kreuz wird in Afghanistan von den Kriegsparteien respektiert.(c) REUTERS (� Parwiz Parwiz / Reuters)
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Die Mitarbeiter der Hilfsorganisation lieferten Hilfe in den von schweren Schneestürmen gebeutelten Norden des Landes. Die Taliban streiten eine Beteiligung ab.

In der nordafghanischen Provinz Jowzjan sind sechs Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) erschossen worden. Das bestätigte ein IKRK-Sprecher, Thomas Glass, der Deutschen Presse-Agentur. Sie seien Mittwoch früh getötet worden, als sie Versorgungsmaterial in die schwer von Schneestürmen betroffenen Regionen im Norden des Landes transportierten.

Zur Nationalität der Mitarbeiter wollte er zunächst nichts sagen. Bei den Tätern dürfte es sich um Mitglieder des sogenannten Islamischen Staates (IS) handeln, sagen Beamte. Ein Reporter des afghanischen Senders Tolo TV hatte zuvor getweetet, Bewaffnete hätten die sechs IKRK-Mitarbeiter von einem oder mehreren Motorrädern aus im Bezirk Kosh Tepa erschossen.

Erst im Dezember war ein spanischer Mitarbeiter des IKRK in der nordafghanischen Provinz Kunduz aus einem Auto heraus entführt worden. Er war im Jänner freigekommen. Zur Identität der Entführer hatte die Organisation damals keine Angaben machen wollen. Entlang der Straße und anderswo hatten radikalislamische Taliban seit Monaten Hunderte Autos und Busse angehalten und nach Angestellten von Nichtregierungsorganisationen, der Regierung oder Sicherheitskräften durchsucht. Hunderte wurden entführt, Dutzende getötet.

Das Rote Kreuz genießt eigentlich unter Taliban und anderen Kriegsparteien einen besonderen Schutzstatus. Ein Taliban-Sprecher sagte nach der Attacke, seine Gruppe sei nicht involviert gewesen. Er versprach, dass die Taliban helfen würden, die Täter zu fassen.

IS reklamiert Anschlag vor Kabuler Gericht für sich

Seit Anfang 2015 versucht die Terrormiliz offiziell, in Afghanistan und Pakistan einen Fuß auf den Boden zu bekommen und verübt seitdem immer wieder blutige Anschläge. Am Mittwoch reklamierte sie das Attentat vor dem Obersten Gerichtshof Afghanistans für sich. Dabei waren am Dienstagnachmittag in der Hauptstadt Kabul mindestens 21 Zivilisten getötet und mehr als 40 verletzt worden. In einer am Mittwoch über einen IS-Kanal verschickten Botschaft heißt es, der Selbstmordattentäter sei ein Mann namens Abu Bakr al-Tajiki gewesen.

Er habe einen Sprengstoffgürtel in einer Gruppe von Richtern und Mitarbeitern des Gerichts gezündet. Dabei seien 60 "Abtrünnige" getötet oder verletzt worden. Die "ketzerischen" Urteile der Richter seien ein Dienst für die "Kreuzfahrer", der nicht ohne "harte Strafe" bleibe, besagte die Botschaft der sunnitischen Terrormiliz weiter.

Die radikalislamischen Taliban hatten sich nicht zu der Tat bekannt. Ihnen waren bisher fast alle Angriffe auf die Justiz zugerechnet worden, weil sie das Land ausschließlich unter dem islamischen Scharia-Gesetz sehen wollen. 2016 hatten sie sich zu 16 Angriffen auf Gerichte, Richter und Justizmitarbeiter bekannt, heißt es in einem am Montag veröffentlichten UNO-Bericht zu den zivilen Opfern des Krieges.

Der IS hat sich bisher vor allem auf Anschläge gegen die Mitglieder der schiitischen Minderheit im Land konzentriert. Seine Zelle in Kabul hatte zuletzt im November bei einem Angriff auf eine schiitische Moschee mindestens 28 Menschen getötet und Dutzende verletzt.

(APA/Reuters)

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