Alte Vertraute brachten dem Präsidenten Friedensgrüße aus Moskau

Donald Trump.
Donald Trump.(c) AFP
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Kurz vor seinem unfreiwilligen Abgang als Nationaler Sicherheitsberater erhielt Mike Flynn im Weißen Haus einen eigenwilligen Ukraine-Friedensplan übermittelt.

Washington/Wien. Der Vorschlag, den Donald Trumps Rechtsanwalt, Michael Cohen, Anfang Februar in einem versiegelten Kuvert im Weißen Haus hinterlegte, liest sich wie eine Anleitung zur weiteren Destabilisierung der prowestlichen Regierung der Ukraine. Im Abtausch gegen den Abzug aller russischen Truppen aus der Ostukraine solle die Ukraine eine Volksabstimmung darüber durchführen, ob die Halbinsel Krim, welche im Jahr 2014 von russischen Einheiten annektiert worden ist, für 50 oder 100 Jahre an Russland verpachtet wird. Sollte der ukrainische Präsident, Petro Poroschenko, sich diesem Angebot widersetzen, könnte er mittels angeblichen kompromittierenden Materials delegitimiert werden.

Dieses von der „New York Times“ enthüllte Ansinnen, den Krieg in der Ukraine durch eine Mischung aus der Anerkennung der russischen militärischen Präsenz im Osten des Landes, der faktischen Abtretung der Krim an Russland und die Desavouierung des ukrainischen Präsidenten beenden zu wollen, landete eine Woche vor dem unfreiwilligen Rücktritt des Nationalen Sicherheitsberaters, Michael Flynn, auf dessen Tisch. Flynn hat am Montag vor einer Woche wegen seiner widersprüchlichen Aussagen über Telefonate mit dem russischen Botschafter in Washington sein Amt nach nicht einmal einem Monat verloren. Ob er den Friedensvorschlag an Präsident Trump weiterleitete, ist offen.

Ein Hebel gegen die US-Sanktionen

Klar ist hingegen die Handschrift dieses Papiers. Es soll dem neuen, bemerkenswert russlandfreundlichen US-Präsidenten eine Argumentation dafür liefern, die Wirtschaftssanktionen gegen Unternehmen und Einzelpersonen im Umkreis von Präsident Wladimir Putin aufzuheben. Wie das Papier im Weißen Haus landete, wirft ein Schlaglicht auf Donald Trumps langjährige enge Kontakte zu zwielichtigen Geschäftspartnern im Dunstkreis des Kremls und des organisierten Verbrechens.

Der Plan stammt, zumindest seinen eigenen Aussagen nach, von einem ukrainischen Oppositionspolitiker namens Andrii Artemenko. Der 48-Jährige hat seit Ende 2014 einen Parlamentssitz inne – über einen Listenplatz der Radikalen Partei von Oleh Ljaschko, der für nationalistische und populistische Äußerungen bekannt ist. Ljaschko reiste mehrmals ins ostukrainische Kriegsgebiet, trat als selbst ernannter Rächer auf und positionierte sich als Unterstützer von Freiwilligenbataillonen.

Mit dem Martiniglas ins Gesicht

Die Russland-freundliche Stoßrichtung der Hobby-Diplomaten passt grundsätzlich ideologisch nicht in die Parteilinie, allerdings stand Ljaschkos Projekt in der Ukraine auch unter dem Verdacht, von Russlandfreunden finanziert zu werden. Zudem irrlichterte Artemenko, der zu Beginn des neuen Jahrtausends für zwei Jahre im Gefängnis saß, auch früher zwischen verschiedenen Kräften umher. Er saß für Julia Timoschenkos Vaterlandspartei im Kiewer Stadtrat und soll in der Zeit des Maidan-Aufstands den Rechten Sektor finanziert haben. Artemenko war zu Trumps Angelobung in Washington, seine Gattin kennt First Lady Melania aus gemeinsamen Fotomodelltagen.

Beraten wird dieser Oppositionsblock vom Spindoktor Paul Manafort, der kurzfristig Donald Trumps Wahlkampf leitete, ehe er nach der Enthüllung millionenschwerer Zahlungen aus seiner Zeit als Konsulent des 2014 gestürzten, prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch zurücktrat.

Ende Jänner traf sich Artemenko mit Trumps Anwalt Cohen und Trumps langjährigem Geschäftspartner Felix Sater in New York. Das FBI ermittelt gegen Cohen wegen dessen möglicher Kontakte zu russischen Geheimdienstleuten, welche die Präsidentschaftswahl zu manipulieren versuchten. Der gebürtige Russe Sater, Sohn eines wegen Schutzgelderpressung verurteilten Gangsters mit Verbindungen zum russisch-ukrainischen Syndikat des Semion Mogilewitsch, wiederum stach 1991 in einer Bar einem Gegner mit einem abgebrochenen Martiniglas ins Gesicht, sieben Jahre später ging er wegen eines von New Yorker und russischen Mafiosi orchestrierten Wertpapierbetrugs nur deshalb nicht ins Gefängnis, weil er mit dem FBI kooperierte. Kurz darauf erfand er sich als Immobilieninvestor neu – mit einem Büro im Trump Tower und Visitenkarten, die ihn als Berater Trumps auszeichneten.

Heute wird Trump nur ungern auf seinen früheren Konfidenten angesprochen. Als die BBC ihn im Jahr 2013 auf Sater ansprach, stand Trump mitten während des Interviews auf und hastete aus dem Zimmer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2017)

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