Maas: "Erdogan will uns provozieren"

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"Wie umgehen mit Erdogans Türkei", wollte Anne Will am Sonntag von ihren Gästen wissen. Dabei fand der deutsche Bundesjustizminister Heiko Maas klare Worte.

Der deutsche Justizminister Heiko Maas lehnt trotz massiver Kritik am Nazi-Vergleich des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein Einreiseverbot gegen diesen und andere Politiker der Türkei ab. "Die Verhängung eines Einreiseverbots würde nichts verbessern", sagte Maas am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will". Den Vorwurf Erdogans an deutschen Behörden, mit der Untersagung von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker zu handeln wie in der Nazi-Zeit, nannte der SPD-Politiker "so abstrus, infam und abwegig, dass man sich ja fast die Frage stellt, ob es einem nicht zu blöd ist, das überhaupt noch zu kommentieren".

Offenbar gehe es Erdogan gar nicht mehr um Wahlkampf für das Referendum über eine Stärkung des Präsidialsystems in der Türkei. "Es geht ihm jetzt darum, zu provozieren. Und wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht provozieren lassen", sagte Maas. Erdogan wolle so etwas wie eine nationale Front in der Türkei aufbauen gegen den Rest der Welt.

Maas: Einreiseverbot würde zu Eskalation führen

Maas lehnt auch ab, über die EU europaweit Auftritte türkischer Politiker zu untersagen, wie es etwa Bundeskanzler Christian Kern gefordert hatte. Das sei nicht deren Aufgabe. "Ich will eigentlich auch nicht, dass die Europäische Union darüber entscheidet, wer in unserem Land auftritt oder nicht", sagte er. "Das müssen wir schon selber entscheiden". Ein Verbot könne von der Bundesregierung aber nur durch Einreiseverbote erreicht werden. "Und ich glaube, dass ist genau das, was Erdogan jetzt will."

Würde man ein Einreiseverbot verhängen, würde das zwangsläufig dazu führen, dass die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei abgebrochen würden. Die Folge wäre eine weitere Eskalation, und daran könne keiner Interesse haben, warnte Maas. Das würde auch zum Stillstand aller Gespräche führen. Dann müsste man sich fragen, wie man dem inhaftierten Journalisten Deniz Yücel noch helfen könne, wenn es keine solche Kontakte mehr gebe.

Sevim Dagdelen von der Linken kritisierte das Vorgehen der deutschen Bundesregierung scharf. Es sei eine "Leisetreterei" der Bundesregierung. Nach mehrmaligem Nachfragen von Maas und Anne Will zu den möglichen Konsequenzen, die man aus Erdogans Verhalten ziehen solle, antwortete sie: "Ich würde das wie die Niederländer und die Österreicher machen". Maas: "Was machen die denn?" Nun, die zahlten keine Vorbeitrittshilfen mehr an die Türkei und erteilten Wahlkampfverbote, zählte Dagdelen auf. Maas zeigte sich wenig begeistert von der Idee und ist überzeugt, dass eine solche Symbolpolitik, "eine Ende der diplomatischen Beziehungen" bedeute.

(Red./Reuters)

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