Deutschland droht Türkei mit Einreiseverbot für Politiker

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mit dem Chef des Kanzleramts Peter Altmaier.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mit dem Chef des Kanzleramts Peter Altmaier.(c) Imago
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Ein Einreiseverbot wäre "das letzte Mittel", sagt der Chef des Kanzleramts Peter Altmaier. "Dass die Bundesregierung bisher nicht ihre völkerrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, ist keine Freikarte für die Zukunft".

Angesichts abfälliger und aggressiver Attacken der türkischen Regierung in Richtung Deutschland droht die deutsche Regierung nun offen mit einem Einreiseverbot für türkische Spitzenpolitiker. Deutschland habe die rechtliche Möglichkeit, die Einreise ausländischer Regierungsmitglieder zu unterbinden, sagte der Chef des Kanzleramts, Peter Altmaier, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwoch).

"Dass die Bundesregierung bisher nicht ihre völkerrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, ist keine Freikarte für die Zukunft", warnte er. "Ein Einreiseverbot wäre das letzte Mittel. Das behalten wir uns vor."

"Auch Deutschland hat eine Ehre"

Zu Wochenbeginn hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel direkt persönlich angegriffen und ihr vorgeworfen, Terroristen zu unterstützen. Deutschland gehe nicht gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor, obwohl sie diese zur Terrororganisation erklärt habe. Den vor zwei Wochen verhafteten deutsch-türkischen "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel bezeichnete Erdogan erneut als "Agenten und Terroristen". Zuvor hatte er Deutschland und auch den Niederlanden Nazi-Methoden bescheinigt.

Altmaier verurteilte die Angriffe scharf. "Wir verwahren uns entschieden gegen Nazi-Vergleiche und groteske Vorwürfe", sagte er. "Die Türkei legt immer großen Wert darauf, dass die Ehre ihres Landes nicht verletzt wird. Auch Deutschland hat eine Ehre." Die Bundesrepublik sei seit ihrer Gründung ein weltweit anerkannter, vorbildhafter Rechtsstaat.

Zuvor hatten Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland für Aufregung gesorgt. Als erstes Bundesland kündigte das Saarland überraschend an, Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker zu verbieten. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte, man werde alle Möglichkeiten ausschöpfen. So erlaube das Aufenthaltsgesetz, die politische Betätigung von Ausländern zu untersagen, wenn das friedliche Zusammenleben hierzulande gefährdet sei.

Türken stimmen am 16. April ab

Am 16. April sollen die Türken über eine Verfassungsreform abstimmen. Sie würde die Machtbefugnisse von Staatspräsident Erdogan massiv ausweiten. In Deutschland leben gut 1,4 Millionen wahlberechtigte Türken - die größte Gruppe außerhalb des Landes überhaupt. In Österreich sind es rund 100.000.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer, sprach sich in der "Huffington Post" für ein deutschlandweites Auftrittsverbot aus. Die Stimmung im Umfeld von Kundgebungen türkischer Politiker sei außerordentlich aufgeheizt und angespannt, "so dass sehr wohl der innere Frieden in unserem Land und die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet wären, wenn weitere Kundgebungen stattfänden".

Zahl türkischer Asylanträge steigt

Indes steigt in Deutschland die Zahl der Asylanträge von Türken: Seit Anfang des Jahres haben nach Behördenangaben mehr als 1100 Schutzsuchende aus der Türkei Asyl beantragt. Allein im Jänner und Februar verzeichnete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) insgesamt 1151 türkische Asylanträge. Seit dem Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 sei die Zahl der Asylanträge aus der Türkei deutlich gestiegen, hieß es.

Aus den österreichischen Asylzahlen war hingegen vorerst keine derartige Entwicklung zu erkennen. Auch im Februar blieb nach Angaben des Innenministeriums die Anzahl der Asylanträge von Türken hierzulande mit 29 auf ähnlicher Höhe wie im Jänner (25).

Seit dem Umsturzversuch wurden in der Türkei mehr als 41.000 Menschen festgenommen. Die türkischen Behörden gehen mit aller Härte gegen Oppositionelle, mutmaßliche Putschisten und angebliche Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen vor, den Ankara für den Putschversuch verantwortlich macht.

(APA/dpa)

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