Vor Referendum: Türkei droht wieder mit Ende des Flüchtlingsdeals

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu fordert Visafreiheit für Türkein in der EU.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu fordert Visafreiheit für Türkein in der EU.APA/AFP/NICHOLAS KAMM
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Der türkische Außenminister Cavusoglu warnt vor einer negativen Antwort der EU bezüglich der Visafreiheit türkischer Staatsbürger.

Kurz vor dem Verfassungsreferendum in der Türkei am Sonntag hat die Regierung erneut mit der Aufkündigung des Flüchtlingsabkommens mit der Europäischen Union gedroht. Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte am Freitag dem Sender A Haber, das Flüchtlingsabkommen und die Visafreiheit für Türken seien ein Paket.

Die EU müsse den Türken die Visa-freie Reise ermöglichen, die sie verdient hätten. "Wenn wir eine negative Antwort von der EU bekommen, dann haben wir das Recht auf eine Neubewertung und darauf, all diese Abkommen zu kündigen."

Von Griechenland zurück in die Türkei

Die Türkei und die EU hatten das Abkommen auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle im März 2016 geschlossen. Die Türkei verpflichtet sich darin, Migranten von der Weiterreise abzuhalten und Schlepper zu bekämpfen. Flüchtlinge, die dennoch in Griechenland ankommen, soll die Türkei zurücknehmen. Im Gegenzug hat die EU finanzielle Hilfen zugesagt.

Die Spannungen zwischen der Türkei und der EU haben sich im aber Vorfeld des Referendums, das dem Staatsoberhaupt mehr Macht verschaffen soll, massiv verschärft. Präsident Recep Tayyip Erdogan argumentiert, die Verfassungsänderung sei nötig, um in unruhigen Zeiten nach dem Putschversuch vom Juli eine starke Führung zu garantieren. Kritiker sehen Demokratie, Pressefreiheit und Menschenrechte in Gefahr. Jüngsten Umfragen zufolge haben Befürworter der Verfassungsänderung einen Vorsprung von ein bis zwei Prozentpunkten vor den Gegnern.

"Nazi-Vorwürfe" und abgesagte Politiker-Auftritte

Erdogan und seine islamisch-konservative Partei AKP werben für die Verfassungsänderung - auch unter den im Ausland lebenden stimmberechtigten Türken. Dass das in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden unerwünscht war und Auftritte von Ministern zum Teil untersagt wurden, brachte Erdogan in Rage. "Nazi-Methoden" warf er der deutschen und der niederländischen Regierung vor.

Der Fall des Journalisten Deniz Yücel belastet zusätzlich die Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland. Erdogan schloss erneut aus, dass der seit Wochen inhaftierte deutsch-türkische "Welt"-Korrespondent ausgeliefert werde. Yücel sei "ein terroristischer Agent" und werde nicht ausgeliefert, solange er im Amt sei, sagte Erdogan.

Die Sicherheitslage in der Türkei ist nach mehreren Anschlägen unter anderem der IS-Miliz angespannt. In Istanbul nahm die Polizei sieben Verdächtige fest. Zwei von ihnen sollen Anhänger der Extremisten sein und Attentate vor dem Referendum geplant haben, teilte die Polizei mit. Die vier Türken, zwei Syrer und ein Tadschike hätten vorgehabt, in der Türkei "Chaos zu stiften".

(APA/Reuters)

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