Kurz: Etablierte Parteien sind "wirkliche Verlierer"

Unterstützer von Marine Le Pen.
Unterstützer von Marine Le Pen.imago/PanoramiC
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Kanzler Kern begrüßt die proeuropäische Linie Macrons. FPÖ-Generalsekretär Vilimsky verteidigt die FN-Chefin: Die derzeitige Konzeption der EU funktioniere nicht.

Bundeskanzler Christian Kern hat den Erfolg des parteiunabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron in der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen begrüßt. "Das ist ein Ergebnis, mit dem wir sehr gut leben können", erklärte der SPÖ-Politiker am Sonntagabend in Jerusalem. Er sei zuversichtlich, dass sich Macron in der Stichwahl gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen durchsetzen werde.

"Wir brauchen eine proeuropäische Politik in Frankreich", unterstrich der Regierungschef, "ein Frankreich, das europäische Akzente setzt." Es gelte, die Europa-Politik einigen Reformen zu unterziehen, aber gemeinsam weiterzuentwickeln. Mit Marine Le Pen wäre diese europäische Perspektive nicht gegeben. "Sie steht eher für Zersetzung."

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sieht in den etablierten Parteien die wirklichen Verlierer des ersten Wahlgangs. Wenn sich die etablierten Parteien nicht verändern, werden sie abgewählt, sagte Kurz im ORF-Radio "Ö1-Morgenjournal" am Montag, auch mit Blick auf die Präsidentschaftswahl in Österreich.

Glawischnig: "1:0 für Europa"

In Frankreich hätten wenige Menschen "Lust" die bisherige Politik zu unterstützen. Kurz ist sich sicher, dass es zu keinen Überraschungen in der Stichwahl kommen werde. Der Außenminister wünscht sich, dass Frankreich mitarbeitet die EU zu verändern, anstatt sie zu zerschlagen. "Natürlich ist es wichtig, dass es ein pro-europäisches Frankreich gibt."

Erfreut kommentierten den sich abzeichnenden Sieg Macrons in der ersten Wahlrunde auch ÖVP-Europaabgeordneter Othmar Karas und Grünen-Chefin Eva Glawischnig. "Emmanuel Macron wird Präsident und das ist gut für Frankreich und Europa. Dies ist die dritte Niederlage für Rechtspopulisten und Nationalisten nach Österreich und den Niederlanden", teilte Karas in einer Aussendung mit. Glawischnig sprach von einem "1:0 für Europa". "Das Ergebnis zeigt, dass ein proeuropäischer Kurs von den WählerInnen gewürdigt wird", schrieb die Grünen-Chefin in einer Aussendung.

Vilimsky: Le Pen setzt sich nur für Austritts-Diskussion ein

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky hingegen hat die umstrittenen europapolitischen Pläne der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen verteidigt. "Die jetzige Konzeption der Europäischen Union funktioniert nicht", sagte Vilimsky am Sonntagabend in der ORF-Sendung "Im Zentrum". Auch der Euro erhalte die Kaufkraft nicht. "Ich hätte gerne eine Währung, die funktioniert."

Der Architekt der politischen Allianz zwischen der FPÖ und Le Pens Front National kritisierte, dass Le Pen im ORF "als Extremistin dargestellt wird". Die Front National sei "mit Sicherheit keine rechtsextreme Partei", sondern eine Partei, "die im Mitte-Rechts-Spektrum steht" und sich "stark für Demokratie ausspricht". Der FPÖ-Europaabgeordnete bestritt auch, dass sich Le Pen für einen EU-Austritt einsetze. "Sie will in erster Linie eine Diskussion darüber erzielen."

Le Pen wolle mit Brüssel über eine Rückverlagerung von Kompetenzen in den Bereichen Gesetzgebung, Wirtschaft, Währung und Wiedereinführung von Grenzen sprechen. "Wenn sie da substanzielle Erfolge erzielt, wird sie sich bei einer Volksabstimmung für einen Verbleib aussprechen."

Kern und Macron: "Schicki-Micki-Geschichte"

Ein Sieg des sozial-liberalen Kandidaten Emmanuel Macron ist für den FPÖ-Mandatar keine ausgemachte Sache. "Sicher ist gar nichts", sagte Vilimsky. Er stellte den vermutlichen Sieger der ersten Wahlrunde auf eine Stufe mit Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und sprach von einer "Schicki-Micki-Geschichte" und "Phrasendrescherei". "Da ist kein Inhalt mehr greifbar". Kern und Macron seien "vom gleichen Schlag", mit dem Unterschied, dass der französische Ex-Wirtschaftsminister keine Pizza ausliefere.

Auch anderen europäische Rechtspopulisten haben das Abschneiden von Marine Le Pen am Sonntagabend begrüßt. "Es lebe der Sieg!", twitterte der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders Sonntagabend auf Französisch ("Vive la victoire!"). Erfreut über den Stichwahleinzug Le Pens zeigte sich auch der Chef der rechtspopulistischen italienischen Lega Nord, Matteo Salvini. "Forza Marine, jetzt befreien wir uns aus den Klauen Brüssels", schrieb Salvini am Sonntagabend auf Facebook. "Das Volk erhebt sein Haupt!"

Berlin wünscht Macron alles Gute

Die rechtspopulistische deutsche AfD hat Le Pen ebenfalls zum Sieg in der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen gratuliert. "Glückwunsch an Marine Le Pen, das ist eine ganz große Leistung", sagte AfD-Vorstandsmitglied Andre Poggenburg. Das gute Abschneiden der Front-National-Chefin sei ein weiterer Hinweis darauf, "dass die patriotische Bewegung in Europa wirklich wächst". Ein Sieg Le Pens sei aus seiner Sicht "möglich, aber nicht unbedingt wahrscheinlich".

Die deutsche Regierung hat Emmanuel Macron "alles Gute" für die Stichwahl um die französische Präsidentschaft gewünscht. "Gut, dass Emmanuel Macron mit seinem starken Kurs für eine starke EU und soziale Marktwirtschaft Erfolg hatte", schrieb der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Steffen Seibert, am Sonntagabend auf Twitter. "Alles Gute für die nächsten zwei Wochen."

(APA/dpa/Reuters)

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