Trump muss noch auf seine Mauer warten

US-Präsident Donald Trump
US-Präsident Donald Trump(c) APA/AFP/MANDEL NGAN
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Paul Ryan, Chef des Repräsentantenhauses, verhinderte im Kongress eine Ausgabensperre. Geld für die Mexiko-Mauer gibt es vorerst nicht - der Präsident schäumt.

Washington. US-Präsident Donald Trump muss mindestens bis zum Herbst auf seine Mauer warten. Seine Republikaner und die oppositionellen Demokraten im Kongress haben sich auf einen Übergangshaushalt bis September geeinigt, der keine Finanzierung für den Wall an der Grenze zu Mexiko vorsieht.

Die Entscheidung ist ein Beispiel für die Kompromisse, die in Washington zum politischen Alltag gehören – und die Trump auf die Palme bringen. Der Präsident kommt mit seiner Agenda kaum voran, obwohl die Republikaner zum ersten Mal seit der Zeit von George W. Bush das Weiße Haus sowie beide Kammern des Kongresses beherrschen. Die Schuld sieht Trump bei einem Mann, der eigentlich für die schnelle Umsetzung seiner Vorstellungen sorgen sollte: Paul Ryan, Präsident des Repräsentantenhauses und inoffizieller Vorsitzender der Republikaner.

Mit dem Haushalts-Kompromiss vermeidet der Kongress eine Ausgabensperre, die amerikanische Bundesbehörden sonst in wenigen Tagen lahmgelegt hätte. Die Demokraten hatten ihre Zustimmung davon abhängig gemacht, dass keine Haushaltsmittel für den Mauerbau zum Beschluss gehören dürften. Dagegen hatte Trump seinen Anhängern erst am Wochenende den Bau der Mauer erneut versprochen. Doch der Kongress ignorierte ihn.

„Ein Wunder des magischen Einhorns“

Der Präsident sei frustriert wegen Ryans Unfähigkeit, Mehrheiten und damit Erfolge zu organisieren, melden amerikanische Medien. Als die Regierung kürzlich daran ging, Grundsätze für die geplante Steuerreform auszuarbeiten, blieb Ryan außen vor, obwohl ihm das Thema sehr am Herzen liegt. Der Chef des Repräsentantenhauses habe von dem Termin der Vorstellung der Eckpunkte für die Reform am vergangenen Mittwoch aus der Presse erfahren, berichtete die „Washington Post“.

In dem Regierungsplan fehlt zudem der Vorschlag für eine Importsteuer, für die sich Ryan seit langem stark macht. Ryans Steuerexperte George Callas kritisierte die Vorlage aus dem Weißen Haus scharf und sagte voraus, dass sie keine Mehrheit im Kongress finden werde. Mit Blick auf Donald Trumps Plan für drastische Steuersenkungen ohne Gegenfinanzierung ätzte Callas, hier solle wohl das „magische Einhorn“ für ein Wunder sorgen.

Ryan ist trotz seiner erst 47 Jahre ein erfahrener Polit-Profi in Washington. Er sitzt bereits seit 1999 im Repräsentantenhaus und trat im Jahr 2012 als Vizepräsidentschafts-Kandidat von Mitt Romney gegen Barack Obama und Joe Biden an. Für Ryan ging es trotz der damaligen Wahlniederlage weiter nach oben. Vor zwei Jahren wurde er zum Chef des Repräsentantenhauses gewählt.

Für den US-Präsidenten hatte Ryan als Vertreter des republikanischen Establishments lange Zeit nicht besonders viel übrig. Jetzt soll er zusammen mit Donald Trumps Stabschef Reince Priebus dafür sorgen, dass die Agenda des Präsidenten zur politischen Wirklichkeit in den USA wird.

Die Wirklichkeit sieht allerdings ganz anders aus. Trumps Sprunghaftigkeit zwingt Ryan immer wieder dazu, Mehrheiten für unausgegorene Vorhaben organisieren zu müssen – und dabei zu scheitern. Die Republikaner im Kongress sind kein Trump-Wahlverein, sondern eine Ansammlung von Vertretern der verschiedensten Interessen, die nur ein Ziel eint: Sie wollen wiedergewählt werden. Die nächste Wahl steht bereits in anderthalb Jahren an, was die Suche nach Kompromissen zwischen eisenharten Konservativen und Gemäßigten in der Fraktion für Ryan aber äußerst schwierig macht. Denn mehr als 22 Abweichler kann sich Ryan nicht leisten.

Zweimal scheiterte der Ober-Republikaner bereits an dieser Hürde. Im März blies er eine Abstimmung über die Abschaffung des Gesundheitssystems Obamacare ab, weil ihm die nötigen Stimmen fehlten. Vor wenigen Tagen gelang es auch im zweiten Anlauf nicht, die Fraktion für einen neuen Vorstoß gegen Obamacare auf Linie zu bringen.

Die Pannen der vergangenen Wochen sind an Ryan nicht spurlos vorübergegangen. Umfragen zeigen, dass er sogar in der eigenen Partei sehr unbeliebt ist. „Kein Wunder“, heißt es laut einem Bericht der „Washington Post“ in Ryans Umgebung: Dort wächst der Unmut über den Präsidenten, der Ryan immer wieder auf politische Himmelfahrtskommandos schickt, an deren Ende aber Ryan als Versager dasteht, und nicht Trump selbst, lautet die Kritik.

Offener Machtkampf droht

Der Präsident erhöht indes den Druck weiter. Presseberichten zufolge soll das Weiße Haus dem Parlamentschef bereits mit der Abwahl durch Trump-hörige Abgeordnete gedroht haben.

Doch Paul Ryan ist nicht irgendein Helfer, der von Trump nach Belieben gefeuert werden kann. Der Chef des Repräsentantenhauses ist nach dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten die Nummer Drei im Staat und ein mächtiger Mann, ohne den im Kongress wenig läuft. Ein offener Machtkampf zwischen dem Weißen Haus und Ryan könnte die Regierung lähmen – nach den chaotischen ersten Monaten der Trump-Regierung keine schöne Vorstellung für die Republikaner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2017)

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