Macron und Le Pen liefern sich alles entscheidendes TV-Duell

In Umfragen steht es derzeit 60 zu 40.
In Umfragen steht es derzeit 60 zu 40.APA/AFP/JOEL SAGET/ERIC FEFERBER
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Vier Tage vor der Stichwahl wollen die Kandidaten unentschlossene Wähler für sich gewinnen. Le Pen will bei einem Sieg das Wahlrecht per Referendum ändern.

Vier Tage vor der entscheidenden Runde in der französischen Präsidentenwahl liefern sich die beiden verbliebenen Kandidaten Emmanuel Macron und Marine Le Pen am Mittwochabend ein letztes TV-Duell. Der parteilose Linksliberale und die Kandidatin des rechtsextremen Front National ringen um die unentschlossenen Wähler und um diejenigen, die in der ersten Runde am 23. April gar nicht erst zur Abstimmung gegangen sind.

Der zweieinhalb Stunden dauernde Schlagabtausch - live und zur besten Sendezeit - ist für viele Franzosen ein Muss. Wer sich hier gut verkauft, kann die entscheidenden Stimmen holen. Der jüngsten Umfrage von Cevipof/Ipsos/Sopra Steria zufolge kommt Macron auf 59 Prozent der Stimmen, Le Pen auf 41 Prozent. Auch andere Erhebungen sehen den Ex-Wirtschaftsminister als Sieger. In der ersten Runde hatte er 24 Prozent geholt, knapp drei Punkte mehr als Le Pen.

Auf diesen Werten ausruhen kann sich Macron aber nicht. Zwar haben der unterlegene konservative Kandidat Francois Fillon und der ebenfalls ausgeschiedene Sozialist Benoit Hamon ihre Anhänger aufgerufen, für Macron zu stimmen. Er kann einer Umfrage zufolge auch auf die Stimmen von einem Drittel der Anhänger des radikalen Linken Jean-Luc Melenchon zählen, der in der ersten Runde wie Fillon knapp 20 Prozent holte. Doch zwei Drittel der Melenchon-Anhänger wollen ungültig oder gar nicht wählen. Auch im Fillon-Lager wissen viele Wähler nicht, wem sie ihre Stimme geben. Insgesamt seien mindestens 15 Prozent der Wahlberechtigten noch unentschieden, schätzen Meinungsforscher.

>>> Dossier: "Das Duell zwischen Volk und Elite"

Macron: "Werde keine Schimpfworte gebrauchen"

Rund 47 Millionen Bürger sind zur Wahl aufgerufen, in der ersten Runde lag die Beteiligung bei rund 80 Prozent. Angesichts der Unsicherheiten sind die Finanzmärkte nervös. Für den Fall einer Niederlage Macrons fürchten viele Anleger den Anfang vom Ende der Euro-Zone - im Falle seines Sieges dagegen eine Bestätigung der Währungsunion und des gerade beginnenden konjunkturellen Aufschwungs.

Die Franzosen müssen sich nun entscheiden zwischen einem pro-europäischen früheren Investmentbanker, der staatliche Regulierung für Unternehmen beschneiden und zugleich Arbeitnehmerrechte schützen will, und einer EU-skeptischen Rechtsextremen, die raus aus der Euro-Zone und strikte Begrenzungen für Einwanderer will.

Der 39-jährige Macron nennt Le Pens Politik eine Gefahr für Frankreich. Er wolle in der TV-Debatte sachlich bleiben, kündigte Macron an. "Ich werde keine Schimpfworte gebrauchen. Ich werde keine Klischees oder Beleidigungen benutzen." Stattdessen wolle er zeigen, dass Le Pens Pläne die falschen Lösungen seien.

Le Pen sieht Trump und Putin als Vorbild

Le Pen sagte, sie wolle ihre Ideen verteidigen. Macrons Programm nannte sie im Reuters-Interview "sehr vage". "In Wirklichkeit ist es schlicht die Fortsetzung von Francois Hollandes Regierung." Der scheidenden Sozialist ist bei den Franzosen so unbeliebt wie kein Präsident vor ihm. Le Pen hält sich für besser geeignet, die Interessen Frankreichs in einer "neuen Welt" zu verteidigen, die von US-Präsident Donald Trump und dem russischen Staatschef Wladimir Putin bestimmt werde und in der sich die britische Premierministerin Theresa May und der indische Regierungschef Narendra Modi bewegten. "All diese Länder kehren der Ideologie des Freihandels, des Wettbewerbs und der Untergrabung des sozialen Schutzes mehr oder weniger den Rücken", sagte die 48-Jährige. Daher sehe sie sich mit ihnen viel eher auf einer Linie als mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Für den Fall, dass sie Präsidentin wird und ihre Partei bei der Parlamentswahl im Juni nicht die Mehrheit erringt, hat Le Pen offenbar schon vorgesorgt. Dann müsse eben ein neues Wahlrecht her und anschließend abermals gewählt werden, gab der FN-Funktionär Gilles Lebreton gegenüber der Zeitung "Le Canard Enchaine" zu verstehen. "Wenn die neue Nationalversammlung gegen uns ist, würden wir im Sommer per Referendum das Wahlrecht ändern, und dann würde die Präsidentin die Nationalversammlung auflösen."

Nach 15 Jahren in die Stichwahl

Durch das Wahlsystem mit seinen zwei Runden hat der FN 2014 nur zwei Mandate erhalten, obwohl die Partei landesweit ein Viertel der Stimmen auf sich vereinen konnte. Le Pen ist das ein Dorn im Auge. In ihrem Wahlprogramm hat sie bereits dargelegt, dass sie ein Verhältniswahlrecht anstrebt mit einem Bonus von 30 Prozent für die Partei, die am besten abschneidet.

Aber erst einmal müsste Le Pen am Sonntag gegen Macron gewinnen. 15 Jahre hat es gedauert, bis sie es zum ersten Mal in die Stichwahl geschafft hat. 2002 war das völlig überraschend ihrem Vater Jean-Marie Le Pen gelungen, der gegen Jacques Chirac antrat. Der Konservative lehnte ein TV-Duell mit Le Pen ab. Es sei unmöglich, eine Debatte "gegen Intoleranz und Hass" zu führen, argumentierte Chirac und siegte.

(Reuters)

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