Abbas sprach bei Donald Trump vor

Donald Trump und Mahmoud Abbas.
Donald Trump und Mahmoud Abbas. (c) imago/UPI Photo (THAER GHANIAM)
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Mehr als zwei Monate nach Israels Premier Netanjahu wurde der Palästinenserpräsident im Weißen Haus vorstellig. Er setzte auf Unberechenbarkeit des Gastgebers.

Washington. Wenn die Reihenfolge von Besuchen beim US-Präsidenten ein Indikator ist, steht es nicht sonderlich gut um die Sache der Palästinenser. Am Mittwoch empfing Donald Trump nun also auch Mahmoud Abbas, den Palästinenserpräsidenten, im Weißen Haus – mehr als zwei Monate nach Israels Premier Benjamin Netanjahu. Trump und seine Mannschaft, allen voran sein Schwiegersohn Jared Kushner, sind strikt pro-israelisch. Die einzige Hoffnung von Abbas scheint in Trumps Unberechenbarkeit zu liegen.

Zu Hause ist Abbas derzeit in einer schwierigen Lage. Der Machtkampf zwischen seiner Fatah-Fraktion im Westjordanland und der Hamas im Gazastreifen hat sich verschärft, nicht zuletzt wegen der Frage der Nachfolge für den 82-jährigen Palästinenserchef. Kurz vor dem Abbas-Besuch in den USA machte die militante und strikt anti-israelische Hamas zudem mit einem neuen politischen Programm von sich reden, in dem sie erstmals die Anerkennung eines Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967 andeutet.

Unklare Haltung Washingtons

Ob und wie ernst es der Hamas damit ist, durfte der Gast aus Ramallah dem US-Präsidenten gleichsam aus erster Hand erzählen. Abbas musste Trump auch davon überzeugen, dass einige in den vergangenen Monaten bezogene US-Positionen dem Frieden im Nahen Osten abträglich sind. Das Vorhaben, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen – eine Unterstützung von Israels Anspruch auf ganz Jerusalem – hat die Regierung in Washington inzwischen jedenfalls ad acta gelegt.

Wesentlich ernster ist aus palästinensischer Sicht das Signal des US-Präsidenten, sich von der Zweistaaten-Lösung zu verabschieden. Die Haltung der USA ist unklar: Obwohl Trump im Februar gesagt hatte, dass er das friedliche Miteinander eines israelischen und eines palästinensischen Staates nicht mehr als Zukunftsmodell in Nahost betrachtet, betonte seine UN-Botschafterin Nikki Haley später, die US-Regierung bleibe sehr wohl bei diesem Grundsatz.

Abbas hofft wohl, auch einmal von Trumps Unberechenbarkeit zu profitieren. Schon mehrfach hat der US-Präsident unter dem Eindruck von persönlichen Begegnungen kurzfristig seine Meinung geändert. So könnte Trump beim Treffen mit Abbas neue Forderungen an die israelische Seite für eine Wiederbelebung des Friedensprozesses formulieren. Trump hat bereits die Zurückhaltung Israels beim Siedlungsbau angemahnt. Abbas erwartet bei diesem Thema ein wesentlich stärkeres Signal von Trump – um mit diesem Druck der USA die Verhandlungsbereitschaft der Israelis zu erhöhen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2017)

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