Ungeliebter US-Präsident: „New York hasst dich“

Donald Trump machte auch bei seiner Ankunft in New York viel Wind.
Donald Trump machte auch bei seiner Ankunft in New York viel Wind.(c) REUTERS (JONATHAN ERNST)
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Donald Trump besuchte diese Woche erstmals als Präsident seine Heimatstadt. In der Einwanderermetropole dominiert die Skepsis gegenüber seiner Sozial- und Migrationspolitik.

New York. „Wenn dir etwas bedeutet, musst du Zeit investieren“, sagt der junge Afroamerikaner Sergio an diesem strahlenden, aber kalten Frühlingsnachmittag am Westside Highway in New York. Ihm und seiner Schwester Serena bedeutet es viel, gegen die Einwanderungs-, Frauen- und Gesundheitspolitik von US-Präsident Donald Trump hier wenige Meter vor dem ausrangierten Flugzeugträger Intrepid am Pier 88 zu protestieren. Wie Hunderten anderen New Yorkern auch. Nicht Tausenden, wie die Veranstalter von „Resist Trump New York“ gehofft hatten, aber doch allen, die mit Kochtöpfen ohrenbetäubenden Lärm machen.

Trump war am Donnerstag zum ersten Mal seit seiner Angelobung im Jänner in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Demonstranten bereiteten ihm im Stadtteil Hell's Kitchen und in der 5th Avenue, vier Straßenzüge von seiner Wohnung entfernt, einen kühlen, mitunter hasserfüllten Empfang: „Sperrt ihn ein“, stand da zu lesen, „Rassist, New York hasst dich“ oder „Widerstand gegen den Faschisten“. Die Straßen um seinen Wolkenkratzer sind durch schwere weiße Lastwagen, Stoßstange an Stoßstange, geschützt. Wie eine Festung hinter Müllautos.

Trump wird davon nichts gesehen haben. Er kam nicht wie geplant für einen Tag, einen Besuch in seiner alten Wohnung, eine Autofahrt durch Manhattan. Er kam für einen kurzen Empfang auf das ehemalige Kriegsschiff zur Erinnerung an die Schlacht im Korallenmeer im Mai 1942, einen Empfang mit Australiens Ministerpräsidenten Malcolm Turnbull, jenem Politiker, dem er zu Beginn seiner Amtszeit im Jänner einfach den Hörer aufgelegt hatte. Nach drei Stunden flog er zu seinem Golfklub in Bedminster, New Jersey, weiter.

Tägliche Protestpostkarte

Da waren die Demonstranten schon wieder zerstreut. Und das Repräsentantenhaus hatte Obamacare bereits zu Grabe getragen – jenes Krankenversicherungssystem, für das die ältere weiße New Yorkerin Anita sich zur gleichen Zeit am Westside Highway noch die Seele aus dem Leib schreit. „Dieses Land ist so zurückgeblieben in der Krankenversicherung“, meint sie, obwohl sie aufgrund ihres Alters von den eben beschlossenen Änderungen nicht mehr betroffen ist. Anita lässt keinen Zweifel aufkommen, wem sie die Schuld gibt: „Er hat keinen Anstand. Ich hasse ihn.“ Die Frau schreibt täglich eine Postkarte an das Weiße Haus in Washington, um ihn das wissen zu lassen.

Einwanderung, Gesundheitssystem, Rassismus – das sind die Themen der Demonstrationen. Einwanderung vor allem. New York ist die Stadt der Immigranten. Josephines Familie stammt aus Europa, sie ist Tochter einer Irländerin und eines Italieners. Muslime und Latinos seien Trumps schlimmste Feindbilder. An sozialer Ungleichheit sei Rassismus schuld. Sie wisse das, sagt Josephine, denn ihr dunkelhäutiger Vater sei anders als ihre Mutter unendlich vielen Schikanen ausgesetzt gewesen. Auch deshalb sei sie hier.

„Nur die Handelspolitik“

„Krankenversicherung ist ein Menschenrecht“, steht auf einem Transparent. Damon aus Texas sieht es eher verwundert an. Er ist irgendwie in diese Demonstration hineingeraten, denn ihm gefällt Trumps Politik. Vorsichtig schränkt er ein: „Nur die Handelspolitik.“ Wenn Trump da bessere „Deals“ für Amerika herausschlägt, dann sei alles andere egal. „Nur diese eine Sache muss er hinkriegen.“ Wie das mit den Ankündigungen von Protektionismus und „America First“ zusammengehen wird, weiß Damon, der Protektionismus ablehnt, nicht. Schulterzuckend meint er noch: „Mir gefällt vieles nicht, was Trump tut, aber das mit dem Freihandel . . .“

Sergio und Serena gefällt gar nichts: Nicht die Stimmung gegen die Einwanderer, nicht die Bedrohung der Demokratie. Deshalb sind sie da und bleiben, auch wenn der US-Präsident von den Demonstrationen auf seinem Weg zum Flugzeugträger sie nicht zu sehen bekommt. Zehn seiner Sympathisanten, die eben unbehelligt an der protestierenden Menge vorbeiziehen, übrigens auch nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2017)

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