Die USA warten gebannt auf die Aussage des FBI-Chefs

James Comey (hinten) hat das Vertrauen von Donald Trump verloren, Jeff Sessions (vorne) hat sich den Unmut des Präsidenten zugezogen.
James Comey (hinten) hat das Vertrauen von Donald Trump verloren, Jeff Sessions (vorne) hat sich den Unmut des Präsidenten zugezogen. REUTERS
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Kurz vor der Anhörung des Ex-FBI-Chefs werden neue Vorwürfe gegen Trump laut. Er soll auch den Geheimdienstkoordinator unter Druck gesetzt haben. Justizminister Sessions bot seinen Rücktritt an.

Eigentlich wollte sich US-Präsident Donald Trump diese Woche um sein geplantes Milliardenprogramm zur Modernisierung der amerikanischen Infrastruktur kümmern. Aber er kommt nicht dazu: Die Saga um die russischen Eingriffe in den US-Wahlkampf des vergangenen Jahres hält Washington in Atem. Kurz vor der Anhörung des von Trump geschassten FBI-Chefs James Comey vor dem Kongress an diesem Donnerstag werden neue Vorwürfe gegen den Präsidenten laut. Er soll nicht nur das FBI zur Einstellung von Russland-Ermittlungen aufgefordert haben, sondern auch den obersten Geheimdienstkoordinator.

Für Trump sind die neuen Informationen, über die am Dienstagabend die „Washington Post“ berichtete, eine schlechte Nachricht. Kritiker hegen ohnehin den Verdacht, dass Trump sich bei seiner Forderung nach einem Ende der Ermittlungen gegen seinen früheren Berater Michael Flynn der Strafvereitelung im Amt schuldig gemacht haben könnte. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, dürften die Rufe nach einem Amtsenthebungsverfahren gegen den nicht einmal ein halbes Jahr regierenden Präsidenten noch lauter werden.

Eine Unterhaltung vom Februar

Comey will am Donnerstag im Geheimdienstausschuss des Senats über eine Unterhaltung mit Trump im Februar berichten. Damals soll der Präsident den FBI-Direktor gebeten haben, nicht mehr gegen Flynn zu ermitteln. Flynn steht im Visier der Ermittler, weil er heimliche Gespräche mit russischen Regierungsvertretern geführt haben soll. Nun berichtete die „Washington Post“, Trump habe Geheimdienstkoordinator Daniel Coats im März gebeten, er solle auf Comey einwirken, damit dieser die Ermittlungen gegen Flynn fallen lasse. Coats lehnte ab.

Inzwischen ist Comey nicht mehr im Amt: Trump feuerte den FBI-Chef vor einem Monat und gab anschließend zu Protokoll, die Entscheidung habe den auf ihm lastenden Druck in der Russland-Affäre vermindert. Die Ermittlungen zu den Fragen, ob und wie sich Russland im vergangenen Jahr zugunsten Trumps in den US Präsidentschaftswahlkampf einmischte und ob Trumps Wahlkampfteam dabei mitmachte, konnte der Präsident damit allerdings nicht stoppen. Mehrere Ausschüsse des Kongresses, das FBI und ein unabhängiger Sonderermittler versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen.

Comey sprach sich vor seinem mit Spannung erwarteten Auftritt vor dem Senat mit den Helfern von Sonderermittler Robert Mueller ab, wie das Magazin „Politico“ meldete. Demnach will Comey ausführlich zu der entscheidenden Unterhaltung mit Trump im Februar Stellung nehmen, in der die Bitte nach dem Ende der Flynn-Ermitlungen geäußert wurde, aber nichts zum inhaltlichen Stand der Russland-Ermittlungen sagen.

Fast täglich kommen neue Einzelheiten ans Licht. Konfrontiert mit Trumps Forderung nach Einstellung der FBI-Nachforschungen gegen Flynn wandte sich Comey noch im Februar hilfesuchend an Justizminister Jeff Sessions, wie die „New York Times“ meldete: Der Minister solle ihn bitte nie mehr mit dem Präsidenten alleine lassen.

Sessions und Trump, eine langsame Entzweiung

Sessions ist ein enger Verbündeter von Trump, wird vom Präsidenten wegen seines Verhaltens in der Russland-Affäre allerdings zunehmend kritisiert, wie mehrere Medien melden. Trump ist demnach sauer, weil sich Sessions beim Russland-Komplex selbst für befangen erklärte; der Minister hatte einige Unterredungen mit dem russischen Botschafter in Washington verschwiegen. Nachdem sich Sessions selbst aus dem Spiel nahm, hatte sein Stellvertreter Rod Rosenstein – der Trump gegenüber weit weniger loyal ist – freie Hand zur Einsetzung von Sonderermittler Mueller.

Trump halte das Verhalten von Sessions für einen schweren Fehler, meldete der Fernsehsender ABC; der Minister habe wegen des schwer beschädigten Verhältnisses zu Trump zwischenzeitlich seinen Rücktritt angeboten, was vom Präsidenten aber abgelehnt worden sei.

Comeys Auftritt vor dem Senat um 10 Uhr Ortszeit (18 Uhr MESZ) am Donnerstag gilt schon jetzt als einer der wichtigsten Termine in Washington in diesem Jahr. Mindestens drei große Fernsehsender und mehrere Nachrichtenkanäle wollen die Anhörung des entlassenen FBI-Chefs live übertragen oder im Internet streamen. In Washington öffnen einige Kneipen eigens am Vormittag, um der Kundschaft Gelegenheit zu geben, die Ereignisse am Fernsehen zu verfolgen und sich dabei mit dem ein oder anderen Drink zu stärken. Der Nachrichtensender CNN verglich die Aufregung in der Hauptstadt mit der Spannung vor dem Super Bowl: Das alljährliche Endspiel um die Meistertitel im American Football ist das größte Fernsehereignis der USA.

(APA/dpa)

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