May setzt auf starke Mehrheit für Brexit-Verhandlungen

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Im Zeichen des Terrors und des EU-Austritts geben die Briten heute ihre Stimmen ab. Die "Demenzsteuer" kostete der Premierministerin ihren großen Vorsprung.

Bei der Parlamentswahl in Großbritannien haben letzte Umfragen darauf hingedeutet, dass Premierministerin Theresa May für die Brexit-Verhandlungen durch eine noch größere Mehrheit der Rücken gestärkt wird. Nach den Anschlägen in Manchester und London lief die Stimmabgabe in den 650 Wahlkreisen am Donnerstag vielerorts unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen an.

Laut der Abschlussumfrage von Ipsos-Mori wollten 44 Prozent für Mays konservative Tories stimmen und 36 Prozent für die Labour-Partei unter Jeremy Corbyn. Dieser hatte zuletzt den Abstand verkürzt. Eine erste verlässliche Prognose zum Wahlausgang wurde am Abend direkt nach Schließung der Wahllokale um 23.00 Uhr (MESZ) erwartet.

May stellte die vorgezogene Parlamentswahl bei der Ausrufung im April unter das Motto, dass das Land eine starke Führung für die Verhandlungen für den Austritt aus der EU benötige. Damals sahen Umfragen ihre Tories 20 Punkte oder mehr vor der sozialdemokratischen Labour-Partei. In den Umfragen war der Abstand in den vergangenen Wochen aber geschmolzen. Von einem Erdrutschsieg war keine Rede mehr. Die Umfragen ließen dennoch weiter erwarten, dass May die Mehrheit von derzeit 17 Sitzen ausbauen könnte.

Spitzname "Maybot"

May zog erstmals als Regierungschefin in die Wahl. In das Amt war sie ohne Neuwahlen gekommen, als ihr Parteifreund David Cameron nach dem Brexit-Votum zurücktrat. Ihr Herausforderer von der Labour-Partei galt lange als chancenlos. Doch Corbyn erhielt bei Wahlkampfkundgebungen überraschend großen Zulauf, während May auf zumeist streng abgeschirmten Veranstaltungen stereotyp ihre Botschaften für einen harten Kurs in den Brexit-Verhandlungen wiederholte. In Medien erhielt sie dafür den Spitznamen eines wenig inspirierenden "Maybot".

Auch Corbyn hat angekündigt, dass er sich an das Brexit-Votum halten und das Land aus der EU führen wolle. Dass er in Umfragen zulegen konnte, wurde auch einem Fehler von May zugeschrieben: Sie sah sich zu einem Rückzieher bei einer ihrer zentralen Wahlkampfaussagen gezwungen, die Alten stärker an ihren Pflegekosten zu beteiligen. Rentner befürchteten daraufhin, sie müssten ihre Eigenheime verkaufen, die in Großbritannien einen besonders hohen Stellenwert haben. Kritiker sprachen von einer "Demenzsteuer".

Nach den islamistisch motivierten Anschlägen von Manchester und London, bei denen in weniger als zwei Wochen 30 Menschen getötet wurden, versuchte Corbyn in Sicherheitsfragen zu punkten. Er warf May vor, sie habe als Innenministerin 20.000 Stellen abgebaut. May warf ihrerseits Labour vor, mit einer toleranten Politik für Einwanderer islamische Gesellschaften im Land ermöglicht zu haben. Kurz vor der Öffnung der Wahllokale gab die Polizei die Festnahme von drei Terrorverdächtigen bekannt. Ein Zusammenhang zu dem jüngsten Anschlag auf der London Bridge bestand den Angaben zufolge nicht.

(Reuters/Estelle Shirbon)

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