Der US-Präsident sieht sich nach dem G20-Gipfel neuer Kritik im Inland gegenüber. Unklar bleibt, warum der sonst so ruppige Populist gerade mit dem Kremlchef so pfleglich umgeht.
Washington. Nach dem G20-Gipfel prallen in den USA wieder einmal zwei Welten aufeinander: die von Donald Trump und die seiner Kritiker. Der Präsident lobte sich am Sonntag selbst für seine Haltung bei dem Treffen in Hamburg, bei dem er unter anderem die Abkehr Amerikas vom Pariser Klimavertrag bekräftigt hatte. Im Vordergrund des Streits nach Trumps Heimkehr nach Washington steht jedoch sein Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin in der Hansestadt.
Gewiss, anders als bei seiner ersten Europareise im Mai hatte Trump in Hamburg den ganz großen Eklat vermieden. In einer Serie von Twitter-Mitteilungen sprach Trump am Sonntag von einem „großen Erfolg“ für die USA beim Gipfel. Dass er aber in Hamburg insbesondere beim Thema Klimawandel isoliert war, erwähnte er nicht. „Das Ausmaß der Disharmonie“ zwischen Trump und den anderen Gipfelteilnehmern sei bemerkenswert gewesen, analysierte die „Washington Post“. Wichtiger als Trumps Haltung im Konzert der Nationen ist für die US-Öffentlichkeit aber ohnehin sein erstes persönliches Treffen mit Putin in Hamburg. Die russische Regierung hatte mit der Erklärung für Aufsehen gesorgt, Trump habe im Gespräch mit dem Kremlchef dessen Klarstellung akzeptiert, dass Russland sich nicht in den US-Präsidentenwahlkampf des Vorjahres eingemischt habe. Genau das werfen amerikanische Geheimdienste den Russen vor.
Merkwürdige Linie
Indirekt bestätigte Trump die russische Darstellung seines Treffens mit Putin: Er habe diesen eindringlich auf die russischen Einmischungsversuche angesprochen, was Putin zurückgewiesen habe. Seine eigene Meinung zu dem Thema habe er bereits zu Protokoll gegeben, fügte Trump hinzu: Der US-Präsident hatte öfters erklärt, Meldungen über russische Einflussversuche seien eine Erfindung der US-Demokraten, um ihre Wahlniederlage zu erklären.
Mit Putin sprach Trump nach eigenen Angaben über die Schaffung einer gemeinsamen amerikanisch-russischen Gruppe für die Cybersicherheit. Damit sollten Dinge wie elektronische Angriffe auf Wahlen in anderen Ländern verhindert werden; laut Presseberichten hatten russische Hacker auch Cyberangriffe auf die Systeme amerikanischer Atomkraftwerke gestartet. Trump wiederholte auch seine Vorwürfe an seinen Amtsvorgänger Barack Obama, der nichts gegen russische Hackerattacken während des US-Wahlkampfes unternommen habe.
Damit bleibt Trump bei seiner merkwürdigen Linie in Sachen Russland: Einerseits verneint er russische Einmischungsversuche, andererseits hält er Obama vor, russische Angriffe nicht abgewehrt zu haben. Dies ist nicht der einzige Widerspruch in der amerikanischen Russland-Politik. Während US-Außenminister Rex Tillerson mitteilte, Trump und Putin hätten auch über die US-Sanktionen gegen Moskau wegen des Ukraine-Konflikts gesprochen, betonte Trump, das Thema sei „nicht diskutiert“ worden.
Selbst amerikanische Konservative sind entsetzt. Die Trump-Regierung verhalte sich, als ob die USA und Russland gemeinsam der Bedrohung durch Cyberangriffe ausgesetzt seien – dabei sei Russland der Ausgangspunkt dieser Bedrohung, kritisiert die Wochenzeitung „Weekly Standard“. Jetzt, da Putin von Trump wegen der Einmischungsversuche keinerlei Konsequenzen mehr zu befürchten habe, sei klar: „Es wird wieder geschehen.“
„Schwamm drüber“
Nach Trumps Treffen mit Putin bleibt die Frage unbeantwortet, warum der sonst so ruppige Rechtspopulist gerade mit dem Kremlchef so pfleglich umgeht. Es sei an der Zeit, „konstruktiv“ mit Moskau zu kooperieren und nach vorn zu schauen, twitterte Trump.
Kritiker verstehen dies als „Schwamm drüber“, mit dem möglicherweise eine Mauschelei zwischen Trumps Wahlkampfteam und Moskau vertuscht werden soll.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2017)