Syrerin filmt Flucht nach Österreich

APA/AFP/BULENT KILIC
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Die 20-jährige Rania dokumentiert ihre nervenaufreibende Odyssee vom syrischen Kobane nach Wien. Schließlich gelingt es ihr, mit dem Flugzeug einzureisen.

"Für den Rest der Welt ist es ein Kriegsgebiet, für uns ist es ein Zuhause", sagt die 20-jährige Rania Mustafa Ali in einem Video von ihrer Flucht nach Österreich, das der "Guardian" veröffentlicht hat. "Ich will eine Zukunft haben." Die junge Syrerin hat den Beschluss gefasst, aus den Ruinen in der syrisch-türkischen Grenzstadt Kobane nach Europa zu fliehen. Schon zuvor war sie aus ihrem Heimatort Raqqa, der Hochburg der Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien, geflüchtet.

In eine dicke Jacke gehüllt, geht sie an zerbombten Häusern und Schutthäufen in Kobane vorbei. Die Terrormiliz Islamischer Staat sei hier gewesen, meint sie, und zeigt auf Graffiti an einer Wand. "Glauben Sie, dass das der Islam ist? Menschen zu bombardieren und zu töten?"

Gefährliche Bootsfahrt

Alleine macht sich Rania in die Türkei auf, um dort ihren Bekannten Ayman Al Husseen zu treffen. Nur einen Rucksack mit Kleidung, Dokumenten, den Fotos ihrer Mutter - und einer DvD mit der US-Serie "Game of Thrones" - nimmt sie mit. Besonders vor der Fahrt über das Mittelmeer haben die beiden jungen Flüchtlinge Angst. "Es wird sehr beängstigend, das Meer zu überqueren", meint Ayman. "Aber es ist nicht so schlimm, wie das, was wir in Syrien erlebt haben."

Mit ihrer Kamera dokumentiert Rania ihre Fahrt von der Türkei aus auf die griechische Insel Lesbos. Mehr als 50 Leute in Rettungsjacken sind in ein kleines Schlauchboot gepfercht. Auch viele kleine Kinder sind an Bord. Ihre Schreie übertönen das laute Motorengeräusch. "Wir ertrinken hier hinten. Wir fallen von Bord", schreien plötzlich Männer am anderen Ende das Bootes. Das Gefährt kentert, die Insassen werden von Helfern aus dem Meer gerettet.

Als Touristen getarnt nach Wien

Wie Zehntausende andere Flüchtlinge machen sich Rania und Ayman von Lesbos über Athen auf an die mazedonische Grenze. Sie werden von Schleppern betrogen, von mazedonischen Grenzbeamten mit Tränengas beworfen und harren bei Regen und Hitze im Zeltlager bei Idomeni aus, um ihren Weg nach Zentraleuropa fortzusetzen. Doch die Balkanroute ist längst geschlossen. "Öffnet die Grenze", fordern aufgebrachte Menschen vor dem mazedonischen Grenzzaun.

Rania filmt auch, wie Menschen in Rollstühlen über schlammige Felder und strömende Flüsse getragen werden. Ein anderes Mal zeigt sie, wie sich plötzlich Hunderte Migranten in Bewegung setzen, um nach Mazedonien zu gelangen. "Kommt, geht, beeilt euch!", schreit eine Frau. "Bashar al-Assad konnte euch nicht einschüchtern, diese können es auch nicht", verweist sie auf die Grenzbeamten.

Alle Versuche, über den Landweg nach Mitteleuropa zu gelangen, scheitern. Schließlich finden Rania und Ayman im Mai 2016 einen anderen Weg: Sie borgen sich 3500 Euro aus. Als Touristen getarnt, mit gefälschten bulgarischen Ausweisen fliegen sie von Athen aus mit dem Flugzeug nach Österreich. Dort beantragen sie Asyl.

(maka)

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