Trumps Drohbotschaft aus dem Golfclub

Donald Trump
Donald Trump APA/AFP/NICHOLAS KAMM
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Der US-Präsident richtet eine klare Warnung an Pjöngjang. Die US-Abgeordneten reagieren darauf mit Kritik.

Washington. Nach der drastischen Warnung von US-Präsident Donald Trump an die Adresse Nordkoreas laufen Bemühungen zur Entschärfung der Krise an. Außenminister Rex Tillerson rief zur Ruhe auf und verstärkte seine Bemühungen um eine diplomatische Lösung. Das Regime in Pjöngjang drohte hingegen mit einem Angriff auf den US-Stützpunkt Guam im Pazifik.

Die Krise legt nach Meinung von Kritikern die internen Differenzen in der US-Regierung und die Schwächen Trumps als Oberbefehlshaber der größten Streitmacht der Erde offen – mit potenziell negativen Folgen für die US-Politik auch in anderen Teilen der Welt. Nordkorea provoziert die USA seit geraumer Zeit mit Raketentests und der Arbeit an Atomsprengköpfen, die auf Interkontinentalraketen zum Einsatz kommen und dann auch US-Festland erreichen könnten. Zuletzt hatte Pjöngjang nach der Verhängung neuer UN-Sanktionen mit Vergeltung gedroht.

Trump sagte in seinem Urlaubsdomizil in Bedminster in New Jersey, die Nordkoreaner legten eine sehr drohende Haltung an den Tag. „Sie werden auf Feuer und Zorn treffen und offen gesagt auf eine Macht, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.“ Laut Medienberichten betrachtet die US-Regierung einen Präventivschlag gegen Nordkorea als Option. US-Bomben und Marschflugkörper könnten auf nordkoreanische Raketensilos, Abschussrampen und Befehlzentralen zielen, um Pjöngjang die Möglichkeit zu nehmen, anzugreifen.

Tillerson will kalmieren

Auf Twitter verwies Trump am Mittwoch ausdrücklich auf die Stärke der US-Atomwaffen. Wahrscheinlicher als ein Atomkrieg ist jedoch eine verheerende Auseinandersetzung mit konventionellen Waffen, unter der vor allem Südkorea und andere Länder der Region zu leiden hätten. Südkoreas Hauptstadt Seoul mit ihren rund zehn Millionen Menschen liegt in Reichweite der nordkoreanischen Artillerie. Auch der US-Verbündete Japan könnte von Nordkoreas Raketen getroffen werden.

Die USA und ihre Alliierten haben moderne Radar- und Raketenabwehrsysteme in der Region stationiert. Ob diese im Falle eines Krieges ausreichen, um Südkorea und Japan zu schützen, ist jedoch offen.

Für Washington ergibt sich aus dem Verhalten Nordkoreas und den Äußerungen Trumps eine schwierige Lage. Trotz der klaren Ansage des Präsidenten wollen die USA vermeiden, in eine unkontrollierbare Spirale der Gewalt gezogen zu werden. Außenminister Tillerson, zur Zeit auf einer Reise in Südostasien, betonte deshalb, Trump habe nicht mit einem Militärschlag drohen wollen, sondern lediglich eine Sprache benutzt, „die Kim Jong-un verstehen kann“. Die Amerikaner könnten auch weiter „ruhig schlafen“, sagte der Minister: Es gebe keine unmittelbare Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung.

US-Verteidigungsminister James Mattis hat die Führung Nordkoreas mit deutlichen Worten zur Aufgabe ihres Atomwaffenprogrammes aufgefordert. "Die Demokratische Volksrepublik Korea muss aufhören, sich selbst zu isolieren, und ihren Drang hin zu Atomwaffen aufgeben", heißt es in einem Statement von Mattis am Mittwoch.

Versteckte Nachricht an China

Besonders die Rolle Chinas, des einzigen Verbündeten Nordkoreas, ist in der derzeitigen Situation wichtig. Einige Fachleute spekulieren, dass der eigentliche Adressat von Trumps dramatischer Äußerung nicht Nordkorea, sondern China gewesen sein könnte. Der US-Präsident habe Peking die unmissverständliche Botschaft senden wollen, dass China mehr unternehmen müsse, um Nordkorea zur Zurückhaltung zu bewegen, sagte der Politologe Joseph Nye Jr. der „New York Times“.

Ob Trump auch handeln will, ist unklar. Im April bewies der US-Präsident mit einem Marschflugkörperangriff auf eine Luftwaffenbasis in Syrien, dass er grundsätzlich zum Einsatz militärischer Gewalt bereit ist. Allerdings habe Washington in der Korea-Krise bisher nichts Konkretes unternommen, was auf einen Waffeneinsatz hindeuten würde, schrieb der „New York Times“-Journalist Max Fisher auf Twitter.

Ein Präsident müsse bereit sein, das zu tun, was er ankündige, sagte der republikanische Senator John McCain. Bei Trump sei das aber nicht sicher. Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein kritisierte die „bombastische“ Stellungnahme des Präsidenten, die in der derzeitigen Krise nicht hilfreich sei.

Setzt Trump militärische Mittel gegen Nordkorea ein, riskiert er eine Eskalation, die vielleicht nicht zu kontrollieren ist. Bleibt er trotz markiger Worte untätig, beschädigt er seine Glaubwürdigkeit. Sollte sich Trumps Stellungnahme als Bluff entpuppen, werde es für die USA in anderen Krisen in der Zukunft schwieriger, Gegner glaubhaft zu warnen, schrieb Politologe Henry Farrell von der George-Washington-Universität in der „Washington Post“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2017)

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