Sebastian Kurz und die Bilder im Kreis der Mächtigen

Sebastian Kurz (re.) und Alexander Van der Bellen (2.v.r.) trafen in New York auf Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron.
Sebastian Kurz (re.) und Alexander Van der Bellen (2.v.r.) trafen in New York auf Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron.APA/BMEIA/DRAGAN TATIC
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Der Außenminister schwebt in New York vier Tage über den Niederungen des Wahlkampfs. Auch das kann hilfreich sein. Auf seiner Agenda: Libyen, UNO-Standort Wien und ein Atomwaffenverbot.

Alles läuft gut für ihn. Die FPÖ zeigt zwar eine leicht beunruhigende Tendenz nach oben, doch in Umfragen liegt er immer noch deutlich voran. Sebastian Kurz will jetzt keine unnötigen Wellen im Wahlkampf schlagen, ein paar Tage über den Niederungen schweben und sich bei der UN-Generalversammlung der Vereinten Nationen ganz auf seine Rolle als Staatsmann konzentrieren; das kann ja auch Stimmen bringen. In New York seien von ihm keine innenpolitischen Äußerungen zu erwarten, sagt der Außenminister den mitreisenden Journalisten schon vor dem Abflug. Er habe sogar extra noch einmal seine für Mittwoch angesetzte Rede vor der UNO durchforstet, um ja keine Passagen drinnen zu lassen, die als Wahlkampfbeiträge missverstanden werden könnten.

Aber natürlich geht auch in New York der Wahlkampf weiter – nur auf einer anderen Ebene, einer höheren, wenn man so will. An seiner Seite bleibt etwa sein Kabinettsmitarbeiter Bernhard Bonelli, ein junger smarter Philosoph und ehemaliger Unternehmensberater, der an der Strategie mitfeilt und Reden für Kurz schreibt.

Van der Bellen, Kurz und Rohani

Goldes wert sind vor allem die Bilder im Kreis der Mächtigen der Welt. Diesmal ist nicht nur, wie üblich, der Hausfotograf des Außenministeriums in der Delegation dabei, sondern auf Kosten der ÖVP auch ein Mitarbeiter, der Sebastian Kurz bei jeder Begegnung filmt und die Videos über soziale Medien verbreitet.  Der erste Würdenträger, den sie vor die Linse bekommen, ist Hassan Rohani. Kurz trifft das Staatsoberhaupt der Islamischen Republik gleich nach seiner Ankunft in New York gemeinsam mit dem österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen. Beide versichern ihrem Gesprächspartner, wie sehr sie hinter dem Wiener Atomabkommen mit dem Iran stehen, das US-Präsident Donald Trump erklärtermaßen wieder aufschnüren möchte. Und Van der Bellen erneuert die Einladung an Rohani, nach Österreich zu kommen. Unter seinem Vorgänger Heinz Fischer hatten die Iraner den Besuch buchstäblich in letzter Minute abgeblasen. Es gefiel ihnen nicht, dass Demonstrationen in Sichtweite des iranischen Präsidenten angesetzt waren.

Nach Rohani reicht Kurz einem alten Bekannten die Hand, den er an sich ohnehin mehrmals im Jahr sieht: Péter Szijjártó. Der ungarische Außenminister hatte um das Gespräch gebeten. Seine Regierung läuft Sturm gegen ein neues Sprachengesetz der Ukraine, das Sonderrechte der dortigen ungarischen Minderheit beschneidet. Kurz kann den Ärger der Ungarn nachvollziehen, nicht aber deren Methoden. Um europäischen Rückhalt zu organisieren, blockiert Ungarn eine umfassende gemeinsame Erklärung der EU im UN-Menschenrechtsrat. Und es stellt für seine Zustimmung auch noch eine zweite Bedingung: Dass in dem Dokument keine starke Kritik an Menschenrechtsverletzungen in Ägypten vorkommt. Dies hat Szijjártó offenbar seinem ägyptischen Amtskollegen versprochen, um im Vorjahr in den UN-Menschenrechtsrat gewählt zu werden.

Libyen auf der Kurz-Agenda ganz oben

Noch in der Nacht auf Dienstag führen darüber Europas Außenminister in der Räumlichkeiten der EU-Delegation auf der Third Avenue 666 hitzige Diskussionen. Vor allem aber debattieren sie über einen ausführlichen Bericht, den der UN-Sondergesandter für Libyen, Ghassan Salamé, ihnen erstattet. Libyen - das ist ein Thema, das Kurz auf seiner New Yorker Agenda hoch angesiedelt hat. Ganz ohne seinen Migrationsschlager muss er auch im Big Apple nicht auskommen. Kurz zeigt sich zufrieden angesichts der deutlich rückläufigen Zahlen illegaler Einreisen auf der Mittelmeerroute. Er fühlt sich bestätigt: Die Verstärkung der libyschen Küstenwache und die - umstrittenen - neuen restriktiven Maßnahmen für NGO-Hilfsschiffe zeigen Wirkung. „Keiner ertrinkt mehr“, erklärt Kurz unmittelbar nach seinem Treffen mit Mohamed Siala, dem Außenmnister der libyschen Rumpfregierung.

Ein anderes großes Thema, das die österreichische Delegation bei der Generalversammlung beschäftigt, ist die UN-Reform, für die sich sowohl Generalsekretär Antonio Guterres als auch US-Präsident Trump in ihren Reden vor der Generalversammlung stark machen. Kurz begrüßt die geplante Entbürokratisierung und die Bekenntnisse zu neuer Sparsamkeit. Eine Veränderung der UNO sei notwendig, erklärt er, aber sie müsse die UNO stärken und nicht schwächen. Über Trumps diesbezügliche Absichten ist man sich offensichtlich nicht so sicher. Und bei Kurz schwingt auch die Sorge um den UN-Standort Wien mit, den er möglichst sichern und sogar noch ausbauen will.

Österreich und die Erklärung für ein Atomwaffen-Verbot

Zur Atomkrise in Nordkorea liefert Österreich seinen eigenen langfristigen idealistischen Beitrag. Auf Wiens beharrliche Anregung hin werden am Mittwoch immerhin 47 Staaten eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen, deren Ziel ein internationales Verbot von Atomwaffen ist. Konkret wird das vorerst nicht viel bringen. Da setzt Kurz neben Sanktionen auf eine politische Lösung mit Nordkorea.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt er als OSZE-Vorsitzende in der Ukraine-Krise. Der russische Vorschlag, UN-Blauhelme in den umkämpften Donbass zu schicken, hat neue Bewegung gebracht. Doch noch hakt es am Detail. Die Schlüsselfrage ist nicht geklärt, wo nämlich die UN-Soldaten genau stationiert werden sollen. Russland will sie ausschließlich an der Waffenstillstandslinie sehen - und so den Konflikt einfrieren. Dagegen sträubt sich jedoch die Regierung in Kiew, die Blauhelme vor allem auch an der Grenze zu Russland positionieren möchte. Eine Einigung während der UN-Generalversammlung erwartete niemand.

Den großen Bogen über die Brandherde der Welt schlug Sebastian Kurz am Dienstag übrigens in einem Vieraugengespräch mit Henry Kissinger, dem großen alten Mann der US-Außenpolitik. Auch das sollte - außer analytischen Erkenntnissen natürlich – ein gutes Bild bringen. Kurz liebt den alljährlichen Reigen der Staats- und Regierungschefs in New York, das Meet-and-greet der Weltdiplomatie. Er würde auch als Bundeskanzler hinfliegen, sagt er.

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