Auch neun türkische Menschenrechtler angeklagt.
Istanbul/Ankara. Der Deutsche Peter Steudtner war nach Istanbul gereist, um türkische Menschenrechtler im Umgang mit Stresssituationen zu schulen. Doch während der Schulung Anfang Juli wurde der Berliner Aktivist mit den anderen Teilnehmern festgenommen. Der Vorwurf lautet auf Terror-Unterstützung, Präsident Recep Tayyip Erdoğan bezeichnete ihn als „Agenten“. Morgen, Mittwoch, beginnt in Istanbul der Prozess gegen ihn.
Neben Steudtner sind neun türkische Menschenrechtsaktivisten sowie der schwedische IT-Spezialist Ali Gharavi angeklagt. Er hatte bei dem Seminar in einem Hotel auf der Insel Büyükada vor Istanbul die Menschenrechtler in Kommunikationssicherheit geschult. Unter den Angeklagten ist auch die Direktorin von Amnesty International in der Türkei, İdil Eser, sowie der Vorsitzende der Organisation, Taner Kılıç.
Scharfe Kritik aus Berlin
Die deutsche Regierung kritisierte die Festnahme Steudtners scharf. Die Folge war eine Neuausrichtung der deutschen Türkei-Politik. Unter anderem wurden die Reisehinweise für die Türkei verschärft und Exportgarantien beschränkt. Zudem sprach sich Berlin gegen eine Ausweitung der Zollunion aus und will ein Ende der EU-Beitrittsgespräche erreichen.
Neben Steudtner sind momentan noch zehn weitere Deutsche oder Deutschtürken in der Türkei aus politischen Gründen inhaftiert. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2017)