Katalonien: Puigdemont probt den nächsten Aufstand

REUTERS/Ivan Alvarado
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Der Regionalchef sagt kurzfristig eine Reise zum Senat in Madrid ab. Dort soll Katalonien am Freitag die Autonomie entzogen werden. Doch die Separatisten könnten dem zuvor kommen.

Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont hat eine geplante Erklärung im spanischen Senat zu den Unabhängigkeitsbestrebungen seiner Region kurzfristig abgesagt. Das bestätigte die katalanische Regierung am Mittwoch. Noch am Vormittag hatte ein Abgeordneter aus Puigdemonts Partei PDeCat beteuert, der katalanische Regierungschef werde am Donnerstag in Madrid um Verständnis für seine Politik werben.

Das spanische Oberhaus, in dem Vertreter der 17 Regionen sitzen, wird voraussichtlich am Freitag den Weg für die Entmachtung von Puigdemonts Regierung freimachen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse gilt die Zustimmung des Senats zur Aktivierung des Verfassungsartikels 155 als sicher. Auf seiner Basis kann die Zentralregierung die Macht in einer Region in Ausnahmefällen an sich ziehen.

Puigdemont war mehrfach der Antwort ausgewichen, ob sich seine Regierung nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober von Madrid gelöst habe oder weiter zur Einheit des spanischen Staats stehe. Seit Tagen wird spekuliert, dass das katalanische Regionalparlament am Donnerstag oder Freitag dem Senatsvotum zuvorkommen und entweder die Unabhängigkeit der Region oder Neuwahlen ausrufen könnte.

Rajoy will Wirtschaftsschaden abwenden

Spaniens Premierminister Mariano Rajoy sagte, die Zwangsverwaltung solle helfen, weiteren wirtschaftlichen Schaden abzuwenden. Zudem sollten damit "Normalität und Rechtsstaatlichkeit" in der wirtschaftlich starken Region wiederhergestellt werden, sagte er im Parlament in Madrid.

Wegen des Streits haben mehr als 1000 Unternehmen ihre Firmensitze aus Katalonien verlegt, um sicher in der EU und der Euro-Zone verbleiben zu können. Spanien rechnet wegen der Krise bereits mit einem geringeren Wachstum. Das BIP dürfte 2018 nach Einschätzung des Wirtschaftsministeriums nur noch um 2,3 Prozent zulegen statt der zuvor prognostizierten 2,6 Prozent.

Polizei der Zentralregierung bringt sich in Stellung

Um ihre Macht in Katalonien auch durchsetzen zu können, hatte die spanische Regierung bereits Tausende ihr unterstellte Polizisten zusätzlich dorthin beordert. Etliche Beamte sind auf zwei Kreuzfahrt-Schiffen im Hafen von Barcelona untergebracht. Denn die Zentralregierung kann nicht auf die volle Unterstützung der örtlichen Polizei bauen. Wie die Bevölkerung ist auch Kataloniens Polizei - die Mossos - mit ihren rund 17.000 Beamten im Streit über eine Trennung der Region von Spanien gespalten.

Anders als die Mossos haben die Sicherheitskräfte der Zentralregierung jedoch bereits am Tag des Referendums gezeigt, dass sie bereit sind, hart durchzugreifen. Sie stürmten Wahllokale und konfiszierten Urnen und Wahlunterlagen. Zwischen den Beamten und Wählern kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.

Puigdemont hatte mehrfach eine internationale Vermittlung in dem Streit mit Madrid gefordert, dies lehnt Rajoy jedoch strikt ab. Der Regionalpräsident sieht sich durch das katalanische Referendum vom 1. Oktober bestätigt, in dem 90 Prozent der Teilnehmer für eine Unabhängigkeit von Spanien gestimmt hatten. Allerdings nahmen nur 43 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung teil.

(APA/Reuters)

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