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Jamaika-Verhandlungen: "Heute geht's weiter"

Bild von dem Verhandlungsmarathon in der Nacht.
Bild von dem Verhandlungsmarathon in der Nacht.(c) AFP (ODD ANDERSEN)
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Die erhoffte Einigung in der Nacht blieb aus. Zu Mittag verhandeln die deutschen "Jamaika-Parteien" CDU, CSU, FDP und Grüne weiter über eine Koalition. Besonders beim Thema Flüchtlinge soll es noch Differenzen geben.

Gegen 4.15 Uhr ist es vorbei. Irgendwann setzt das Blitzlichtgewitter ein. Die Kanzlerin verlässt die Deutsche Parlamentarische Gesellschaft. „Guten Morgen“, sagt Angela Merkel knapp. "Heute geht's weiter". Dann steigt sie in die Dienstlimousine. Etwa 15 Stunden lang wurde zuvor in dem Stadtpalais verhandelt. Eigentlich sollte es die entscheidende Nacht in den Sondierungen für ein "Jamaika"-Bündnis werden. Es kam anders. Die Verhandler von CDU, CSU, Grüne und FDP drehen nun (mindestens) eine Extrarunde. Heute, um 12 Uhr, werden die Gespräche fortgesetzt. "Es geht weiter. Das ganze Wochenende, davon gehen wir mal aus", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder.

CSU und Grüne fanden in dieser Nacht nicht zueinander. Irgendwann streuten die Grünen die Behauptung, dass die CSU gespalten sei. Vor allem deren Verhandler Alexander Dobrindt soll forsch auftreten. Hintergrund ist der erbitterte Machtkampf in Bayern. Der geschwächte Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer wies die grünen „Falschbehauptungen“ später empört zurück.

Das heikle Flüchtlingsthema

Inhaltlich hakt es nicht nur, aber vor allem beim Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus. Er ist noch bis März 2018 ausgesetzt. Die CSU beharrt auf einer Verlängerung, die Grünen sind dagegen, sollen hier aber zuletzt Kompromisse angedeutet haben. Die Bayern blieben hart. Jürgen Trittin, Anführer der grünen Fundis, goss Öl ins Feuer, als er irgendwann in dieser Nacht ein Musikvideo von Jimmy Cliff vertwitterte, in dem es heißt: „The harder they come, the harder they fall.“ Also sinngemäß: Je härter sie es probieren, desto tiefer werden sie fallen.

Wie heikel das Flüchtlingsthema ist, zeigte das gestern publik gewordene 61 Seiten lange Papier mit dem Titel "Ergebnis der Sondierungsgespräche". Selbst in der Präambel des Entwurfs gab es dabei noch eckige Klammern, also Formulierungen, um die noch gestritten wurde: "Wir wollen Integration fördern sowie Migration steuern [und begrenzen]."

"Nach vier Wochen in wesentlichen Punkten nicht weiter"

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat in Schleswig-Holstein erfolgreich  "Jamaika" verhandelt. Doch die Sondierungen im Bund frustrieren ihn, wie er frühmorgens mitteilt: "Wir sind nach vier Wochen in wesentlichen Punkten nicht weiter (…) Ich gehe jetzt eineinhalb Stunden duschen und dann gehe ich ins Fernsehen und versuche einen guten Eindruck zu hinterlassen und Optimismus zu verbreiten."

Aber das mit dem Optimismus gelingt ihm dann nicht. Der ARD sagt er: „Wir sind in den strittigen Fragen Migration, Bekämpfung des Klimawandels, Finanzpolitik, innere Sicherheit noch so weit auseinander, dass mir momentan die Fantasie fehlt, (...) wie wir in der kurzen Zeit zusammenkommen sollen.“ Seine Kollegen klangen schon zuversichtlicher: Man sei gesprächsbereit bis zum Schluss (Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt), die Probleme lösbar (Kanzleramtsminister Peter Altmaier, CDU) und eine Einigung weiter möglich (FDP-Chef Christian Lindner).

Beim Thema Klimaschutz ging Merkel auf die Grünen zu: Sie soll angeboten haben, sieben Gigawatt Leistung Kohlestrom bis 2020 vom Netz zu nehmen. Bisher hatte die CDU nur drei bis fünf Gigawatt offeriert, die Grünen forderten acht bis zehn Gigawatt.

Und in der Finanzpolitik soll der sogenannte Solidaritätszuschlags ("Soli") schrittweise abgebaut werden. Es wäre die wichtigste Trophäe für die Freien Demokraten in diesen Verhandlungen. Die Details sind freilich auch hier noch schrittig.

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