Reaktionen. Wirtschaft jubelt, Europa-Feinde zetern.
London. Lang hatte die britische Wirtschaft auf gute Nachrichten warten müssen, nach der Verlautbarung aus Brüssel über eine Einigung in der ersten Phase der Brexit-Verhandlungen gab es am Freitag kein Halten mehr: „Wo ein Wille, da ein Weg“, zwitscherte frohgemut am frühen Morgen der Wirtschaftsverband CBI. Die Regierungslinie mussten wenig später die Brexit-Proponenten Umweltminister Michael Gove und Außenminister Boris Johnson vorgeben, die von einem „bedeutenden persönlichen Erfolg“ von Premierministerin Theresa May sprachen.
Politische Unterwerfung
Es war ein klassisches Stück politischer Unterwerfung, zu dem die Regierungschefin ihre beiden Rivalen mit dem offensichtlichen Ziel zwang, den Hardlinern in ihrer konservativen Partei den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sie verhielten sich gestern ebenso auffällig still wie Labour-Parteichef Jeremy Corbyn. An seiner statt forderte der Brexit-Sprecher der führenden Oppositionspartei, Keir Starmer, mit Blick auf die zweite Verhandlungsrunde über die künftigen Wirtschaftsbeziehungen: „Ein weiteres Jahr an Chaos und Konfusion können wir uns nicht leisten.“
Während sein Parteifreund, der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan, vor allem die Konzessionen der Regierung bei den Rechten der EU-Bürger begrüßte, warnte die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon: „Der Teufel steckt im Detail.“ Für die wahren „Brextremisten“ ist der harte EU-Ausstieg nach den Zugeständnissen Londons aber bereits Geschichte. Brexit-Wortführer Nigel Farage: „Wir können nun zur nächsten Etappe der Demütigung übergehen.“ (gar)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2017)