Trumps Drohung mit Streichung von Finanzhilfen empört Palästinenser

imago/ZUMA Press
  • Drucken

Die US-Regierung zahle den Palästinensern jährlich Hunderte Millionen Dollar und bekämen dafür keine Anerkennung und keinen Respekt, twittert Donald Trump.

Die Palästinenser haben am Mittwoch auf US-Präsident Donald Trumps Drohung, Hilfszahlungen einzustellen, mit Empörung reagiert. Trump hatte mit einem Stopp gedroht, wenn die Palästinenser nicht zu Friedensverhandlungen mit Israel bereit seien. Nach der US-Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt vor knapp einem Monat wollen die Palästinenser die USA nicht mehr als Vermittler akzeptieren.

"Wir lassen uns nicht erpressen", erklärte eine führende Vertreterin der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Hanan Ashrawi. "Präsident Trump hat unser Streben nach Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit sabotiert", erklärte sie. "Jetzt wagt er es, den Palästinensern die Schuld für die Konsequenzen seines eigenen unverantwortlichen Handelns zu geben." Auch die radikalislamische Hamas sprach von einer "billigen, politischen Erpressung".

Der "Deal" wackelt

Trump, der das Präsidentenamt mit dem Versprechen übernommen hatte, einen "Deal" auszuhandeln, der Frieden im Nahen Osten sicherstellen würde, hatte am Dienstag die Palästinenser über Twitter unter Druck gesetzt. Washington zahle "den Palästinensern HUNDERTE MILLIONEN VON DOLLAR im Jahr" und erhalte weder Anerkennung noch Respekt. "Sie wollen nicht einmal über einen lange überfälligen Friedensvertrag mit Israel verhandeln. (...) Aber wenn die Palästinenser nicht mehr bereit sind, über Frieden zu sprechen, warum sollten wir in der Zukunft irgendwelche dieser massiven Zahlungen an sie leisten?", tweetete Trump. Der US-Präsident gab nicht genauer an, auf welche Hilfen seine Tweets sich bezogen.

"Jerusalem und seine heiligen Stätten stehen nicht zum Verkauf, nicht für Gold und nicht für Silber", sagte Nabil Abu Rudaineh, Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen). Die Palästinenser würden an den Verhandlungstisch zurückkehren, sofern über die Etablierung eines palästinensischen Staates verhandelt werden würde, zu dem die seit 1967 durch Israel besetzten Gebiete gehören. Israel hat 2005 Truppen und Siedler aus dem Gazastreifen abgezogen, will aber an der Westbank und Jerusalem festhalten.

Freude in israelischer Regierung

Vertreter der israelischen Regierung begrüßten die Äußerungen des US-Präsidenten. "Wir haben es mit einem Präsidenten zu tun, der klar sagt, was er denkt", sagte Kultur- und Sportminister Miri Regev von der Likud-Partei von Regierungschef Benjamin Netanyahu im israelischen Militärradio. "Man kann nicht einerseits 300 Millionen Dollar amerikanische Hilfe im Jahr erhalten und gleichzeitig die Tür für Verhandlungen schließen", sagte Regev.

Auch Israels rechtsorientierter Erziehungsminister Naftali Bennett lobte Trumps Aussagen. "Präsident Trump hat keine Angst davor, die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie nicht beliebt ist", sagte er. "Die Wahrheit ist, dass die USA kein Interesse daran haben, die zu finanzieren, die entgegen ihrer eigenen Interessen handeln. Die Wahrheit ist, dass die palästinensische Führung weiterhin Terroristen mit US-Steuergeldern unterstützt."

Nach Ansicht der israelischen Oppositionspolitikerin und ehemalige Außenministerin Tzipi Livni müsse hingegen "eine verantwortungsbewusste und ernstzunehmende (israelische) Regierung" Trump mitteilen, dass es in Israels Interesse liegen würde, eine "humanitäre Krise in Gaza" zu vermeiden und weiterhin palästinensische Sicherheitskräfte, die mit Israel kooperieren, finanziell zu unterstützen.

Palästinensisches Budget von Hilfe abhängig2

Hilfsgelder sind lebenswichtig für die palästinensischen Behörden, deren Budget stark auf internationaler Hilfen aufbaut. Die USA unterstützen nach einem Bericht des wissenschaftlichen Dienstes des US-Kongresses von 2016 zahlreiche Projekte in den Palästinensergebieten. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, hatte am Dienstag vor Journalisten in New York erklärt, die USA wollten die finanzielle Hilfe für die Palästinenser einstellen, bis diese an den Verhandlungstisch zurückkehrten.

Das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) teilte hingegen in der Nacht zum Mittwoch mit, die US-Regierung habe UNRWA nicht über irgendwelche Änderungen bei den US-Hilfszahlungen informiert. Nach einer UNRWA-Übersicht für das Jahr 2016 zahlten die USA damals insgesamt rund 368 Millionen Dollar (rund 306 Mio. Euro) bei einem Spendenaufkommen von insgesamt rund 1,2 Milliarden Dollar (rund eine Mrd. Euro) und seien somit der größte Einzelspender. UNRWA unterstützt nach eigenen Angaben rund fünf Millionen palästinensische Flüchtlinge unter anderem in Jordanien, im Libanon und in den Palästinensergebieten.

Gewalt nimmt zu

Seit der Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt durch US-Präsident Trump vor fast einem Monat kommt es wieder verstärkt zu Gewalt. Israels Luftwaffe hat erst in der Nacht zum Dienstag nach einem Raketenangriff militanter Palästinenser im Gazastreifen ein Ziel in dem Küstenstreifen beschossen. Eine militärische Einrichtung der dort herrschenden Hamas sei angegriffen worden, teilte die Armee mit. Am Mittwoch seien zwei weitere Rakete aus dem Gazastreifen nach Israel abgefeuert worden.

Unterdessen wurde bei Zusammenstößen nahe der Stadt Ramallah im Westjordanland ein palästinensischer Jugendlicher erschossen, wie das palästinensische Gesundheitsministerium mitteilte. Bei Zusammenstößen mit der israelischen Armee und israelischen Luftangriffen im Gazastreifen waren bis zum Wochenende 13 Palästinenser ums Leben gekommen.

(APA/dpa/Reuters/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Benjamin Netanjahu (li.) hörte Mike Pences Botschaft gerne.
Außenpolitik

Pence: US-Botschaft wird vor Ende 2019 nach Jerusalem verlegt

Die Rede des US-Vizepräsidenten in Israel verärgert arabische Abgeordnete. Pence' Rede im sei "ein weiterer Nagel im Sarg für den Frieden".
Außenpolitik

US-Regierung friert Millionenspenden für Palästinenser ein

Washington setzt seine pro-israelische Linie unter Donald Trump fort. Zugleich macht der US-Präsident klar: Die USA fordern andere Länder zu mehr Engagement in der UNO auf.
Außenpolitik

PLO will Israel nicht länger anerkennen

Der Zentralrat empfiehl ein Aus für den Osloer Friedensprozess.
Mahmoud Abbas
Außenpolitik

Abbas: Trumps Nahost-Politik ist "Ohrfeige des Jahrhunderts"

"Wir sagen 'Nein' zu Trump", betont der Palästinenserpräsident. Der US-Präsident hatte ein "ultimatives" Nahost-Friedensabkommen angekündigt.
Blick auf Jerusalem
Außenpolitik

Israels Parlament billigt umstrittenes Gesetz zum Status Jerusalems

Neue Hürde für Zwei-Staaten-Lösung: Die Vorlage erschwert die Übergabe von Teilen der Stadt an die Palästinenser im Rahmen eines möglichen künftigen Friedensabkommens.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.