Syrien: Erdoğan droht mit neuer Offensive

Kurdische Einheiten sollen „vertrieben werden“.

Istanbul. Mit Artilleriebeschuss auf kurdische Stellungen nahe der syrischen Stadt Afrin hat die Türkei eine neue Militärintervention im Nachbarland eingeleitet. „Innerhalb der nächsten Tage“ sollten kurdische Einheiten aus Afrin vertrieben werden, sagte Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Offenbar wurden Panzerverbände an die syrische Grenze verlegt.

Die Türkei wirft syrischen Kurden vor, entlang der türkischen Südgrenze ein Autonomiegebiet errichten zu wollen. Um den Aufbau dieses „Terror-Korridors“ zu verhindern, wie Erdoğan das Kurdengebiet nennt, hatte die Türkei im Sommer 2016 erstmals bei der Stadt Dscharablus ihre Soldaten nach Syrien geschickt. Im Oktober folgte eine zweite Intervention in der Region Idlib nahe Afrin.

Seit den Vorstößen bei Dscharablus und Idlib stehen türkische Truppen im Osten und im Süden von Afrin. Das Vorgehen gegen den kurdischen Korridor ist inzwischen für die Türkei wichtigstes Kriegsziel in Syrien. Die letzten beiden Einmärsche waren mit Russland, Schutzmacht des Assad-Regimes, abgesprochen. Ob das auch bei der angedrohten Intervention in Afrin der Fall ist, blieb unklar. Seit vergangenem Jahr sind in Afrin russische Einheiten stationiert, die dort für Ordnung sorgen sollen.

Erdoğan drohte auch mit Angriffen auf die YPG (syrischer Ableger der kurdischen PKK) in der Stadt Manbidsch, 80 km östlich von Afrin. Ankara verlangt den Rückzug der Kurdenmiliz, kann sich damit aber nicht durchsetzen: Die USA unterstützen die YPG, Russland baut seine Kontakte aus. Ankara beschwerte sich zuletzt über eine von Russland unterstützte Offensive der syrischen Armee in Idlib, von der die YPG profitieren könnte. Ein türkischer Angriff auf Afrin könnte die türkisch-russische Allianz in Syrien erschüttern. (güs.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2018)

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