UN-Syrien-Gesandter Staffan de Mistura lädt Vertreter des Regimes und der Opposition für 25. und 26. Jänner zu Gesprächen in Österreichs Hauptstadt.
Genf/Wien/Damaskus. Wien wird kommende Woche erneut zum Zentrum der internationalen Politik. Am Mittwoch teilte der UNO-Syrien-Gesandte Staffan de Mistura mit, dass am 25. und 26. Jänner Syrien-Gespräche in der österreichischen Hauptstadt stattfinden sollen. Er habe die syrische Regierung und die Opposition zu dem Treffen eingeladen, sagte der Italo-Schwede laut der Nachrichtenagentur Reuters. Die Gespräche unter Schirmherrschaft der Vereinten Nationen hatten zuletzt in Genf stattgefunden.
Die bisher letzte Runde der Genfer Gespräche Anfang Dezember war nach kurzer Zeit abgebrochen worden. Die syrische Opposition hatte Verhandlungen über eine Ablösung des syrischen Machthabers Bashar al-Assad gefordert, die Delegation des syrischen Regimes lehnte dies rundweg ab. Wien diente bereits im Mai 2016 als Ort für die Verhandlungen im Syrienkonflikt.
Mit der militärischen Hilfe Russlands und des Iran konnte Assad zuletzt wieder weite Teile des Landes unter seine Kontrolle bringen. Syriens Truppen setzen ihren Vormarsch auf die noch von den Rebellen gehaltenen Gebiete fort. Die jüngste Eskalation der Gewalt hat für Zivilisten nach Angaben der Vereinten Nationen verheerende Auswirkungen. Besonders dramatisch ist die Lage im Nordwesten des Bürgerkriegslandes, wo laut UN seit Mitte Dezember mehr als 210.000 Menschen durch Kämpfe und Luftangriffe vertrieben wurden.
Auch in anderen umkämpften Gebieten Syriens habe die jüngste Gewalt Hunderte Todesopfer und Verletzte zur Folge gehabt, erklärte das UN-Nothilfebüro Ocha am Mittwoch. Es rief alle Kriegsparteien dazu auf, weitere Gewalt zu verhindern und humanitäre Hilfe zu ermöglichen. Im Nordwesten Syriens gehen Regierungstruppen seit Wochen gegen Rebellengruppen vor, die dort die Provinz Idlib und benachbarte Gebiete kontrollieren. Viele Zivilisten flohen den UN zufolge in Richtung Grenze zur Türkei. Hilfsorganisationen warnten zuletzt, sie hätten massive Probleme, die Menschen ausreichend zu versorgen.
400.000 Zivilisten sind eingeschlossen
Dramatisch ist die Lage auch in der Rebellenenklave Ost-Ghouta östlich der Hauptstadt Damaskus, wo die Gewalt ebenfalls eskalierte. Dort sind etwa 400.000 Zivilisten von Regierungstruppen eingeschlossen. Hilfstransporte kamen in den vergangenen Monaten nur selten in das Gebiet. Berichten zufolge müssen Zivilisten teilweise tagelang ohne Essen auskommen. Viele Kinder seien an Unterernährung gestorben.
Angesichts der Offensive in der Provinz Idlib hat der Jihadisten-Kommandant Abu Mohhamed al-Jolani alle Rebellengruppen in Syrien zur Einigkeit aufgerufen. In einer Audiobotschaft appellierte Jolani an rivalisierende Gruppen, „die Reihen zu schließen“. (APA/dpa/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2018)