Andrea Nahles drehte am Parteitag die Stimmung zugunsten einer großen Koalition. Nun soll die Ex-Juso-Chefin und Ex-Arbeitsministerin Martin Schulz an der SPD-Spitze ablösen. Ein Porträt.
Andrea Nahles soll Berichten zufolge den Parteivorsitz von Martin Schulz übernehmen. Ganz überraschend kommt das nicht. Nahles zählte schon länger zu den kommenden Frauen in der SPD, spätestens seit Schulz die 47-Jährige nach dem Debakel bei der Bundestagswahl im Herbst als Fraktionschefin vorschlug – eine Schlüsselfunktion in Berliner Machtgetriebe, erst recht in ihrer zugedachten Rolle als Oppositionsführerin. Als es nach dem Scheitern der Sondierungen für eine Jamaika-Koalition darum ging, vom Opposition- zurück in den Regierungsmodus umzuschalten, war Nahles die erste, die sich mit der Idee der Fortsetzung der ungeliebten großen Koalition (GroKo) anfreundete. Mit Feuereifer fuhr sie dabei den Jusos, den vehementesten GroKo-Gegnern, in die Parade – zuletzt auf offener Parteitagsbühne in Bonn.
Nahles entspringt selbst dem Juso-Reservoir. Beim Mannheimer Parteitag 1995 hat sie als damalige Juso-Chefin gemeinsam mit Oskar Lafontaine den Aufstand gegen SPD-Chef Rudolf Scharping angeführt. Zehn Jahre später stürzte sie den zweiten SPD-Chef, als sie die die Wahl des Wunschkandidaten Franz Münteferings für das Amt des Generalsekretärs hintertrieb. Müntefering trat erzürnt zurück, und die SPD schlitterte in eine Führungskrise. Ihren Namen als Parteilinke hatte sie sich da bereits als Kritikerin der Arbeitsmarktreformen Gerhard Schröders gemacht.