Das Problem der SPD-Spitze mit den vielen Partei-Eintritten

Die Neuen in der SPD könnten sich gegen einen von Parteichef Martin Schulz ausgehandelten Koalitionpakt mit der Union stellen.
Die Neuen in der SPD könnten sich gegen einen von Parteichef Martin Schulz ausgehandelten Koalitionpakt mit der Union stellen.APA/AFP/JOHN MACDOUGALL
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Die Anwerbe-Aktion der Jusos zeigt Wirkung. Die Neuen könnten den Ausschlag in einer Mitgliederbefragung über eine Koalition mit der Union geben. Die SPD verliert in Umfragen weiter.

Es ist ein kleines Paradoxon, mit dem die SPD-Parteispitze derzeit zu kämpfen hat. Denn die Nachricht scheint auf den ersten Blick eine gute zu sein: Nach der SPD-Entscheidung zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union verzeichnen die deutschen Sozialdemokraten einem Medienbericht zufolge so viele Beitrittsgesuche wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Seit dem Sonderparteitag vor einer Woche habe es mehr als 7000 Onlineanträge gegeben, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung".

Doch für die Koalitionsverhandler rund um Parteichef Martin Schulz bedeuten die Tausenden neuen Parteimitglieder Gegenwind. Denn hinter dem Zulauf steht die Nachwuchsorganisation Jusos. Sie wirbt dafür, bei einem Mitgliederentscheid über das Ergebnis von Koalitionsverhandlungen gegen ein erneutes Bündnis mit der Union zu stimmen. Bei einem knappen Ausgang könnten die neu eingetretenen Mitglieder den Ausschlag geben. Die SPD hatte nach eigenen Angaben zum Jahresende 2017 etwa 443.000 Mitglieder. Sollten die 7000 Eintrittswilligen aufgenommen werden, wäre dies ein Zuwachs von etwa eineinhalb Prozent. 

Die SPD will die Zahlen von offizieller Seite nicht bestätigten. Im laufenden Monat würden grundsätzlich keine Eintrittszahlen veröffentlicht, erklärte ein Sprecher der Bundespartei.

Stichtag 6. Februar

Der SPD-Vorstand will nach Parteiangaben am Montag über die Regeln für die Mitgliederbefragung entscheiden. Und die Neuen werden auch abstimmen dürfen, wenn sie bis zum 6. Februar um 18 Uhr in der Partei aufgenommen worden sind. Diesen Stichtag legte am Montag der SPD-Parteivorstand nach Angaben eines Teilnehmers der Sitzung fest.

Das Zutrauen der deutschen Bürger in die Kompetenz der SPD ist nach einer Forsa-Umfrage weiter gesunken. Nur noch sieben Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die SPD am besten mit den Problemen Deutschlands fertig wird, wie aus der am Montag veröffentlichen Erhebung im Auftrag der Mediengruppe RTL hervorgeht.

Das ist ein Prozent weniger als in der Vorwoche und der niedrigste Stand seit einem Jahr. Der Wert für die Unionsparteien lag mit 27 Prozent fast vier Mal so hoch. Die Mehrheit hält allerdings keine Partei für hinreichend kompetent.

Umfrage: 18 Prozent für SPD

Wären am Sonntag Wahlen, so würden 18 Prozent der Befragten der SPD ihre Stimme geben - das ist ein Punkt mehr als in der Vorwoche, die unter dem Eindruck des SPD-Parteitages stand. Die Unionsparteien kamen wie in der Vorwoche auf 34 Prozent, die FDP konnte um einen Punkt auf neun Prozent zulegen. Die deutschen Grünen blieben bei zwölf Prozent. Die AfD verlor einen Punkt auf zwölf Prozent, ebenso wie die Linke, die noch auf zehn Prozent kam.

Das Ansehen von SPD-Chef Martin Schulz sackte der Umfrage zufolge weiter ab. Nur noch ein Drittel der Deutschen äußerte die Überzeugung, Schulz sei der richtige SPD-Parteivorsitzende. 50 Prozent sind anderer Meinung. Unter den SPD-Anhängern sicherten ihm nur noch 46 Prozent volle Unterstützung zu, 45 Prozent lehnten ihn dagegen als Parteichef ab.

Würde der deutsche Kanzler oder die Kanzlerin direkt gewählt, würde Amtsinhaberin Merkel der Umfrage zufolge auf 47 Prozent kommen, Schulz dagegen nur noch auf 15 Prozent. Mit 46 Prozent würden sich nicht einmal die Hälfte der SPD-Anhänger für Schulz entscheiden.

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(APA/Reuters)

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