Doch nicht Außenminister: Martin Schulz gibt auf

Martin Schulz verzichtet auf Ministeramt und Parteivorsitz.
Martin Schulz verzichtet auf Ministeramt und Parteivorsitz.APA/AFP/SASCHA SCHUERMANN
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SPD-Chef Martin Schulz verzichtet auf ein Ministeramt. Er wolle die Personaldebatte beenden und damit ein positives Votum über die geplante große Koalition ermöglichen. Zuvor hatte der scheidende Außenminister Sigmar Gabriel "respektloses Verhalten" kritisiert.

Nun also doch nicht. Nach lauter parteiinterner Kritik daran, dass SPD-Chef Martin Schulz Außenminister in der neuen deutschen Regierung werden soll, wird Schulz nun auf das Ministeramt verzichten. Die Diskussion um seine Person gefährde ein erfolgreiches Votum über den Koalitionsvertrag, heißt es in einer schriftlichen Erklärung von Schulz. "Daher erkläre ich hiermit meinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung und hoffe gleichzeitig inständig, dass damit die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind." Die SPD-Mitglieder sollen bis 2. März per Briefvotum entscheiden, ob die Partei in die Koalition eintreten soll oder nicht.

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Die "Bild"-Zeitung hatte zuvor berichtet, es gebe ein Ultimatum der SPD-Führung an Schulz, bis Freitagnachmittag auf das Außenamt zu verzichten. Hintergrund sei die Unzufriedenheit an der SPD-Basis und besonders im größten Landesverband Nordrhein-Westfalen. Schulz hatte ursprünglich angekündigt, nicht in ein Kabinett unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu gehen. Nach der Koalitionsvereinbarung am Mittwoch sagte er jedoch, er werde in einer Großen Koalition Außenminister werden.

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles hat Schulz Respekt für seinen Verzicht auf das Amt des Außenministers gezollt. Der Entschluss verdiene "höchsten Respekt und Anerkennung", erklärte Nahles am Freitag in Berlin. Alle wüssten, "wie schwer ihm diese Entscheidung nun gefallen ist, sich persönlich zurück zu nehmen. Das zeugt von beachtlicher menschlicher Größe".

Mit Schulz an der Spitze habe die SPD einen großen Verhandlungserfolg erzielt, betonte sie. "Er selbst hat einen Durchbruch für eine neue Europapolitik erreicht." Dies sei eine große Leistung, die weit über die Grenzen Deutschlands Anerkennung gefunden habe. Mit Blick auf den Mitgliederentscheid der SPD zum Koalitionsvertrag fügte Nahles hinzu: "Ich gehe davon aus, dass wir uns jetzt voll und ganz auf die inhaltliche Debatte konzentrieren."

Kritik von Schulz-Vorgänger Gabriel

Der scheidende deutsche Außenminister Sigmar Gabriel war zuvor in scharfer Form mit seiner Partei ins Gericht gegangen. Der frühere SPD-Chef bedauerte in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe, dass er die Leitung des Auswärtigen Amtes abgeben soll, und kritisierte einen respektlosen Umgang in seiner Partei.

Für seine offene Kritik erntete Gabriel am Freitag aber auch Kritik: "Niemand hat tatsächlich das Recht auf ein bestimmtes Amt", sagte die thüringische Finanzministerin Heike Taubert am Freitag. Als Gabriel den Parteivorsitz an Martin Schulz abgab, hätte ihm klar sein müssen, dass er nun Entscheidungen der Parteiführung akzeptieren müsse. Hohe Beliebtheitswerte könnten kein Argument in einer solchen Debatte sein, meinte Taubert in Reaktion auf die Aussagen Gabriels.

"Ich habe das Amt des Außenministers gern und in den Augen der Bevölkerung offenbar auch ganz gut und erfolgreich gemacht", hatte Gabriel kritisiert. "Und da ist es ja klar, dass ich bedauere, dass diese öffentliche Wertschätzung meiner Arbeit der neuen SPD-Führung herzlich egal war." Gabriel hatte zwar betont, dass er die Personalentscheidung nicht kritisiere, da jede neue SPD-Führung das Recht auf die Neubesetzung von Ministerposten habe. Aber: "Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt."

Gabriel kommt zur Münchner Sicherheitskonferenz

Gabriel hatte im Jänner zugunsten von Martin Schulz auf den Parteivorsitz und die Kanzlerkandidatur verzichtet, um Außenminister zu werden. Es wird kolportiert, dass Schulz ihm damals für den Fall einer neuen Großen Koalition versprochen hat, dass er das Außenamt behalten darf. Ob das stimmt, ist aber unklar.

Schulz wird den Parteivorsitz nach dem SPD-Mitgliedervotum an Fraktionschefin Andrea Nahles übergeben und war unmittelbar nach Abschluss der Verhandlungen selbst als Außenminister der Großen Koalition vorgesehen, obwohl er nach der Wahl ausgeschlossen hatte, in ein Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einzutreten. Seit Bekanntwerden seines Wechsels hat Gabriel, der geschäftsführend weiter im Amt ist, seine Teilnahme an mehreren Terminen abgesagt, darunter die Münchner Sicherheitskonferenz - was später wieder dementiert wurde.

Grünen-Chef Robert Habeck äußerte am Freitag Verständnis für die Kritik Gabriels. Dass Gabriel nun "so hinlangt", sei "irgendwie auch menschlich ok", sagt Habeck dem ARD-Morgenmagazin.

(Ag./Red.)

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